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Neuer Supercomputer in Betrieb genommen
JUSTUS stärkt Theoretische Chemie

Ulm University

Er ist mehr als sieben Tonnen schwer und umfasst elf schwarzglänzende Schränke: der neue Hochleistungs- rechner der Universität Ulm. "JUSTUS" - benannt nach dem berühmten deutschen Chemiker Justus von Liebig (1803 - 1873) - wurde mit einer Festveranstaltung am 5. Dezember in Betrieb genommen. Der drei Millionen Euro teure Großrechner wurde hälftig von der DFG und dem Land finanziert.

Mit einer Rechengeschwindigkeit von gut 273 Teraflops gehört er - mit Platz 275 - zu den schnellsten 500 Supercomputern weltweit. "JUSTUS stellt seine außerordentlichen Rechenkapazitäten ganz in den Dienst der Forschung. Profitieren wird davon besonders die Theoretische Chemie. Wissenschaftler aus ganz Baden-Württemberg können über ein kooperatives Versorgungsmodell Speicherplatz und Rechenleistung für Forschungsprojekte nutzen", informiert Professor Stefan Wesner, Leiter des Kommunikations- und Informationszentrum (kiz) an der Universität Ulm. 

 Hierfür wurde im letzten Sommer vom Land und der DFG an der Universität Ulm eigens ein Rechencluster (bwForCluster) für die Theoretische Chemie eingerichtet und mit drei Millionen Euro ausgestattet. Die Herausforderung bestand vor allem darin, das Rechencluster für eine optimale fachspezifische Nutzung an die sehr hohen Anforderungen an Rechenleistung und Speicherplatz anzupassen. Das Angebot der Firma NEC passte hierzu am besten. Denn der NEC GreenGem des japanischen Elektronikkonzerns ist nicht nur äußerst leistungsfähig, sondern auch umweltfreundlich.

JUSTUS ist nicht nur leistungsstark, sondern auch umweltfreundlich

"Der NEC-Ansatz basiert auf der Kombination von über 1000 Solid State Disks - vier pro Rechenknoten - und damit auf besonders schnellen lokalen SSD-Speichermedien, und einem zentralen Blockspeicher, der über ein sehr schnellen Kommunikationsnetz eingebunden ist", erläutert Tomoyasu Nishimura, General Manager der IT Platform Division bei NEC Corporation. Das Innenleben des Supercomputers besteht aus über 7 100 Prozessorkernen (CPU Cores), die auf 444 Rechnerknoten verteilt sind. Zur Visualisierung stehen zwei spezielle Systeme bereit. Die Wissenschaftler können damit Rechenergebnisse direkt am eigenen Arbeitsplatz auswerten und grafisch darstellen, ohne zuvor Daten kopieren zu müssen.

 Und auch über Umweltaspekte haben sich die Entwickler Gedanken gemacht. Der nicht unbeträchtliche Energiebedarf wird zu 100 Prozent aus Wasserkraft gedeckt. Unter Last erreicht die Leistungsaufnahme der Großrechenanlage bis zu 160kW - dies entspricht dem Energiebedarf von 300 Einfamilienhäusern. Außerdem kann bis zu einer Außentemperatur von 24 Grad Celsius die hohe Betriebstemperatur des NEC GreenGem Server allein über eine sogenannte freie Kühlung durch Wärmetauscher aufgefangen werden, sodass erst darüber hinaus eine Energie-intensive externe Kühlung nötig wird. "JUSTUS ist damit nicht nur ein sehr leistungsstarkes, sondern zugleich klimafreundliches Rechnersystems", sagt kiz-Leiter Professor Stefan Wesner.

"Der Großrechner wird den Wissenschaftlern vor allem dabei helfen, mit Hilfe von Computer-Simulationen komplexe chemische Prozesse nachzuvollziehen. Dabei geht es beispielsweise um Fragen der Energiespeicherung und -wandlung, um Katalyseprozesse, um die Wirkung von Medikamenten oder ganz grundsätzlich um Fragen der molekularen Mechanik", erläutert Vizepräsident für Forschung Professor Axel Groß. Der Leiter des Instituts für Theoretische Chemie ist Mitantragsteller des Ulmer Clusters und selbst ein zukünftiger Nutzer.

Große Datenkapazitäten sind für die Forschung immer wichtiger

 Realisiert wurde die Einrichtung der Großrechenanlage an der Universität Ulm im Rahmen des Umsetzungskonzeptes bwHPC zur High Performance Computing Landesstrategie. "In der Forschung gewinnt die Verfügbarkeit an Rechenressourcen zunehmend an Bedeutung. Nicht zuletzt weil neben Theorie und Experiment die Simulation als dritte Säule der Wissenschaft immer wichtiger wird. Die Universitäten richten mit Hilfe des Landes im Rahmen von bwHPC verteilte Kompetenzzentren ein. Der neue Ulmer Hochleistungsrechner ist hierbei ein wichtiger Baustein", so Peter Castellaz, stellvertretender Referatsleiter am Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg.

Zu den IT-Förderstrategien des Landes in der Forschung zählen neben dem Programm zum Hochleistungsrechnen (bwHPC) und zu Daten (bwDATA) nicht zuletzt das Landeshochschulnetz BelWü, über dessen Netzinfrastruktur alle Rechenzentren der Universitäten miteinander verbunden sind. Mit einer Übertragungskapazität von bis zu 100 Gigabit pro Sekunde gehört dieses Hochleistungsnetz zu den technischen Grundlagen dieses kooperativen Versorgungmodells.

 Doch nicht nur in Baden-Württemberg weiß man um den Standortfaktor IT-Infrastruktur. Der globale Wettbewerb ist hart. Der leistungsstärkste Superrechner steht zurzeit in China. Doch hat Europa auf der Top-500-Liste der Supercomputer Asien laut IT-Nachrichtenplattform Heise online mittlerweile überholt und ist jetzt hinter den USA auf Platz zwei. "Wir bleiben auf jeden Fall dran und schauen uns jetzt schon nach neuen Technologien für mögliche Nachfolgesysteme um", verspricht Wesner.

Bildinformation (v.l.): Peter Castellaz (Referatsleiter am MWK), Prof. Karl Joachim Ebeling (Präsident der Universität Ulm), Tomoyasu Nishimura (General Manager IT Platform Division, NEC Corporation), Wolfgang Bez (NEC Deutschland), Prof. Stefan Wesner (kiz, Uni Ulm), Prof. Hans Peter Großmann (ehemals kiz, Uni Ulm), Prof. Axel Groß (Vizepräsident für Forschung der Uni Ulm);

Fotos: Elvira Eberhardt/kiz

Verantwortlich: Andrea Weber-Tuckermann