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Mission: Rätsel Bewusstsein lösen - 800.000 Euro für Projektnetzwerk zur Bewusstseinsforschung

Ulm University

Nur ein Bruchteil der Dinge, die ein Mensch sieht, gelangt bis ins Bewusstsein. Was bewirkt in unserem Gehirn, dass manche Reize bewusst werden und andere nicht? Deutsche Forscherteams wollen jetzt mit modernen psychologischen und neurowissenschaftlichen Messverfahren diese Frage beantworten, die elementar das Selbstverständnis des Menschen berührt. Das bundesweite Projektnetzwerk zur Bewusstseinsforschung, das an sechs deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen angesiedelt ist, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) seit Januar 2008 mit insgesamt 800.000 Euro für zunächst drei Jahre gefördert.

Der Sprecher des Netzwerkes, Privatdozent Markus Kiefer von der Universität Ulm, sieht erstmals verschiedene Forschungsprogramme der visuellen Bewusstseinsforschung integriert: „Mit der Bündelung der Aktivitäten wollen wir dem menschlichen Gehirn, der biologischen Grundlage des Bewusstseins, seine Geheimnisse entreißen. So können wir die Forschung in diesem Bereich auch international maßgeblich befruchten und voranbringen.“

Viele Reize, die wir nicht bemerken, beeinflussen unser Verhalten. „Was ist Bewusstsein überhaupt? Worin unterscheidet sich unbewusste von bewusster Wahrnehmung? Das beschäftigt den Menschen seit dem Altertum. Die Erforschung des menschlichen Bewusstseins ist nun eine der großen Herausforderungen der Wissenschaft im 21. Jahrhundert“, sagt Kiefer. Jeder Mensch kennt aus seinem Alltag die Bedeutung unbewusster Prozesse. Beim Autofahren beispielsweise weichen wir Hindernissen aus, ohne dies jedes Mal bewusst zu entscheiden. Aber was uns selbstverständlich erscheint, ist im Gehirn ein hoch komplizierter Prozess.

Die beteiligten Forscher sind renommierte Wissenschafter aus Psychologie und Hirnforschung und seit vielen Jahren dem Rätsel Bewusstsein auf der Spur. Privatdozent Ulrich Ansorge von der Universität Osnabrück zielt darauf ab, die Gesetzmäßigkeiten der Verarbeitung unbewusster visueller Reize zu bestimmen. John-Dylan Haynes, Professor am Bernstein Center for Computational Neuroscience in Berlin, der spezielle Auswertungstechniken für die funktionelle Magnetresonanztomographie entwickelt hat, untersucht, wo im Gehirn bewusste Wahrnehmungserlebnisse entstehen. Privatdozent Markus Kiefer von der Universität Ulm geht der Frage nach, inwieweit übergeordnete Verhaltensziele bewusste und unbewusste Wahrnehmung steuern. Der Göttinger Universitätsprofessor Uwe Mattler untersucht, wie unbewusste Reize die Ausrichtung der Aufmerksamkeit lenken können. Professor Michael Niedeggen von der FU Berlin überprüft, ob die Aktivierung sensorischer Hirnstrukturen ausreichend ist, um einfache visuelle Bewegungsreize bewusst wahrzunehmen. An der Universität Lübeck geht Professor Rolf Verleger der Frage nach der speziellen Rolle der rechten Hirnhälfte für die bewusste Wahrnehmung nach.

Die Wissenschaftler wollen bei der Bearbeitung ihrer Fragestellungen eng miteinander kooperieren, um so die verschiedenen Forschungslinien zu verknüpfen und Synergieeffekte zu erzielen. „Die Bewusstseinsforschung in Deutschland findet seit vielen Jahren weltweit große Beachtung“, sagt Kiefer. So sei die internationale Forschung zur unbewussten Handlungsvorbereitung wesentlich von deutschen Arbeitsgruppen initiiert, etwa von Professor Odmar Neumann aus Bielefeld, und Professor Dirk Vorberg aus Braunschweig. „Das neue Projektnetzwerk will diese Tradition stärken und ausbauen.“

Mehr Information zu dem Projektnetzwerk Bewusstseinsforschung ist von dessen Sprecher PD Dr. Markus Kiefer, Universität Ulm, erhältlich Tel. 0731/500-61532, 0160-98772066;
Öffnet ein Fenster zum Versenden einer E-MailPD Dr. Markus Kiefer

Anlage: Foto PD Dr. Markus Kiefer, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Sprecher des Netzwerkes.