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Kooperationspreis Wissenschaft-Wirtschaft:
Wirtschaftlicher Erfolg und akademische Ehren für Ulmer Informatiker

Ulm University

Professor Frank Slomka, Direktor des Instituts für Eingebettete Systeme/Echtzeitsysteme der Universität Ulm, hat in Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Software-Unternehmen Inchron eine Methodik entwickelt, mit deren Hilfe bei Echtzeitanalyseverfahren beliebige so genannte Eingebettete Systemkontexte mittels eines einzigen Modells berücksichtigt werden können. „Dies war bis zu diesem Zeitpunkt mit keiner anderen Methodik möglich“, sagt Slomka, der für dieses Projekt gemeinsam mit der Partnerfirma beim „Dies academicus“ der Universität am Freitag dieser Woche mit dem Kooperationspreis Wissenschaft-Wirtschaft ausgezeichnet wird. Er ist mit 8000 Euro dotiert.

Was steckt hinter dem inzwischen patentierten und in die Software-Werkzeuge von Inchron integrierten Verfahren, für das sich neben der Automobilindustrie auch Airbus-Hersteller EADS interessiert? Nun, ob Autos, Flugzeuge, Satelliten oder Handys: Allesamt beinhalten sie eine Vielzahl von Computersystemen, die jeweils einzelne Abläufe steuern und kontrollieren, die so genannten Eingebetteten Systeme eben. Bei den so genannten Echtzeitsystemen kommt hinzu, dass diese Steuergeräte bestimmte Fristen einhalten müssen, das heißt, die Rechenoperationen müssen zu einem vorgegebenen Zeitpunkt abgeschlossen sein. Andernfalls droht ein zumindest technisches Desaster.

Das soll aus naheliegenden Gründen schon beim Entwurf dieser Systeme ausgeschlossen werden, beim Programmieren also. Und zwar mit der so genannten formalen Echtzeitanalyse, ein zentraler Forschungsschwerpunkt des Instituts. „Das Thema ist schon seit vielen Jahren nicht nur eine akademische Herausforderung, sondern auch eine entscheidende Fragestellung in zahlreichen Bereichen der Industrie“, weiß Professor Slomka, 46 und vor knapp fünf Jahren von einer Juniorprofessur an der Universität Oldenburg nach Ulm berufen.

Demnach reicht es nicht, mit den Rechnerprogrammen die Abläufe in den einzelnen Systemen zu simulieren und zu überprüfen, ob die vorgegebenen Fristen eingehalten werden. „Vielmehr müssen die Zeitanforderungen auch verifiziert werden“, erklärt der Wissenschaftler. Gemeint damit: Der mathematische Nachweis, dass die zeitlichen Fristen auch eingehalten werden. Letzteres eine Spezialität der Firma Inchron, die er 2001 nach seiner Promotion an der Universität Erlangen-Nürnberg mit drei Kollegen selbst gegründet hat. „Aus Spaß haben wir damals an einem Business-Plan-Wettbewerb teilgenommen. Dabei kamen wir bei 180 Bewerbungen unter die ersten zehn und haben den IT-Sonderpreis gewonnen“, erinnert sich Slomka. Das seither von Inchron angebotene integrierte Design-, Diagnose- und Test-Werkzeug für die Simulation, Analyse und detaillierte Vorhersage des dynamischen Verhaltens Eingebetterter Systeme war seinerzeit Thema der Dissertationen der Inchron-Gründer. Nicht ohne Stolz vermerkt der gebürtige Hamburger, der an der TU Braunschweig Elektrotechnik mit der Fachrichtung Mikroelektronik studiert hat, dass die Inchron-Programme seit Mai vergangenen Jahres auch weltweit von IBM vertrieben werden. Mitfinanziert hat Slomka zufolge die junge Ausgründung übrigens ein namhafter Kapitalgeber, SAP-Mitbegründer Hasso Plattner nämlich.

Die Algorithmen für das Verifikationsverfahren wiederum hat nun ein Doktorand des Ulmer Informatikers entwickelt, der sich nach Abschluss seiner Dissertation zu Inchron verändert hat. Mehr noch: Am Institut ist in diesem Zusammenhang eine spezielle „mathematische Bibliothek“ entworfen worden, mithin eine komplette Formelsammlung für die Prüfverfahren am Rechner. Wichtig dabei: Abhängig von der Anzahl der Tests bleibt die Rechenzeit stets linear, während sie sich bei herkömmlichen Verfahren bei höheren Testzahlen exponentiell verändert, „explodiert“, wie es Professor Frank Slomka formuliert. „Mit unserem Verfahren können jedenfalls deutlich verbesserte Ergebnisse erzielt werden“, erklärt der designierte Kooperationspreisträger, „unter anderem können Kosten und Energieverbrauch der zu entwickelnden Systeme wesentlich reduziert werden“.

Natürlich seinen die am Institut entwickelten Verfahren zusammen mit Inchron auch bei einem Anwender erprobt worden. Dabei verglichen Daimler-Ingenieure aus Sindelfingen gemeinsam mit den Ulmer Wissenschaftlern im Rahmen einer aufwendigen Fallstudie am Beispiel einer vernetzten Fahrzeug-Elektronik bekannte Software-Werkzeuge zur Echtzeitanalyse mit dem neu entwickelten Inchron-Verfahren. Slomka zufolge mit guten Ergebnissen. Bemerkenswert sei unter anderem, „dass der Kompromiss zwischen den beiden widersprüchlichen Anforderungen Analysegenauigkeit und –geschwindigkeit frei wählbar ist“. Beide Anforderungen indes seien wichtig, um Analysetechniken im Systementwurf optimal nutzen zu können.

Gemeinsam mit Daimler wurden die Ergebnisse der Studie dann veröffentlicht sowie auf einer Konferenz präsentiert und diskutiert. Folge: eine neue Kooperation mit der Universität York (England). Gemeinsam mit Robert Davis von der Universität York ist es gelungen, die Methoden der Echtzeitanalyse unter Berücksichtigung besonderer Systemeigenschaften, vorgegeben durch die jeweilige Systemarchitektur, weiter zu entwickeln. Nicht nur, dass die daraus entstandene Arbeit bei einer internationalen Experten-Konferenz in Porto mit einem Preis für die beste Publikation ausgezeichnet worden ist: „Besonders schön ist, dass die Kooperation mit der Industrie nicht nur wirtschaftliche Wirkung entfaltete, sondern auch zu neuen wissenschaftlichen Erfolgen und Kooperationen führte“, freut sich Professor Frank Slomka. Von ursprünglicher universitärer Grundlagenforschung über die industrielle Anwendung also wieder zurück zu akademischen Fragestellungen. An Themen sei dabei kein Mangel, berichtet Slomka, „allein über Inchron haben wir stets Zugang zu neuen Problemen verschiedener Anwender“. Derzeit entstehe etwa eine Masterarbeit über Echtzeit-Verifikation, in diesem Fall In Zusammenarbeit mit einem bekannten Zulieferunternehmen der Automobilindustrie.

Von Willi Baur

 

Info: Der Festakt zum Dies academicus der Universität Ulm am Freitag, 3. Februar (Hörsaal Medizinische Klinik), beginnt um 10 Uhr mit der Antrittsvorlesung von Prof. Tina Seufert (Psychologie und Pädagogik). Neben der Vergabe mehrerer Preise steht die Verleihung der Universitätsmedaille im Mittelpunkt und zwar an Prof. Adolf Grünert und an Jürgen Reichert, Bezirkstagspräsident Schwaben.