Ein Vortrag vom Siemens-Vorstand Klaus Helmrich, so viele Promotionspreisträgerinnen wie nie zuvor und zwei neue Ehrensenatoren – so lassen sich die Höhepunkte des Festakts zum 47. Jahrestag der Universität Ulm am Freitag zusammenfassen.
In seiner Begrüßung blickte Universitätspräsident Professor Karl Joachim Ebeling auf das Sommersemester zurück: Als besonders positiv hob er das hervorragende Abschneiden der Universität beim Ranking „THE One Hundred under Fifty“ als beste junge deutsche Hochschule und den Besuch des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann hervor. „Die Universität Ulm ist noch keine 50 Jahre alt. Sie ist jung, dynamisch, forschungsstark“, betonte Ebeling.
Der Fokus seiner weiteren Erfolgsbilanz lag auf der Mensch-Maschine-Interaktion und der Schnittstelle zur „modernen automatisierten Produktions-Technologie ,Industrie 4.0‘“: Kürzlich ist der Sonderforschungsbereich Transregio 62 („eine Companion-Technologie für kognitive technische Systeme“) von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Vorzeigeprojekt ausgezeichnet worden, die Arbeit an Fahrerassistenzsystemen der Zukunft läuft weiter auf Hochtouren. Im Bereich Medizin wurde das Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU) für das Förderprogramm der Deutschen Krebshilfe „Onkologische Spitzenzentren“ ausgewählt. Darüber hinaus habe das BMBF-Verbundprojekt SyStaR zur Alterungsforschung seine Gutachter überzeugt, ergänzte Ebeling.
An der Zukunft der Uni Ulm wird bereits gebaut: Voraussichtlich im Herbst soll das Helmholtz Institut Ulm für elektrochemische Energiespeicherung („Batterieforschung“) bezogen werden. Weiterhin erhält die Gruppe BioQ um Professor Martin Plenio ein eigenes Forschungsgebäude. Das Zentrum für Bioquantenwissenschaften (ZQB) wird etwa 27 Millionen kosten – Bund (50 Prozent), Land und Universität teilen sich die Finanzierung. Für die weitere Sanierung des Uni-Gebäudekreuzes M25 gibt das Landesfinanzministerium 18 Millionen Euro (2. Bauabschnitt, 1. Teilabschnitt). „Bei all diesen Fortschritten mag die Forderung nach mehr Geld im Zuge des Solidarpakts III erstaunen“, sagte der Präsident und wies auf den wachsenden Finanzierungsbedarf der Landesuniversitäten angesichts der seit 1998 eingefrorenen Grundfinanzierung hin. Im Einklang mit der Landesrektorenkonferenz forderte Karl Joachim Ebeling vor allem eine einmalige Erhöhung des Landeszuschusses um drei Prozent sowie eine jährliche Aufstockung der konsumtiven Mittel um ein Prozent über dem Inflationsausgleich.
Schließlich nutzte der Präsident die Gelegenheit, um zwei Ehrungen bekannt zu machen: Dr. Klaus Bleyer, der als Vorsitzender des Universitätsrats die strategische Entwicklung der Uni geprägt hat und nun aus Altersgründen ausscheidet, sowie Professor Péter Horváth werden im Herbst zu Ehrensenatoren ernannt. Horváth hatte der Uni Ulm Anfang des Jahres Mittel für eine Stiftungsprofessur im Bereich Betriebswirtschaftslehre (Schwerpunkt „Betriebliches Informationsmanagement“) bereitgestellt und ihr zudem 50 Prozent der Anteile des „International Performance Research Institute“ (IPRI) übertragen.
Weitere Ehrungen in Form von acht Promotionspreisen à 1500 Euro übergab der Vorsitzende der Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG), Diplom-Ingenieur Hans Hengartner. Erstmals wurden mehr Frauen (5) als Männer (3) ausgezeichnet. Dr. Tanja Kurtz vom Institut für Psychologie und Pädagogik hat ihre Arbeit zu individuellen Unterschieden beim Lernen und Vergessen älterer Menschen exemplarisch vorgestellt. Weitere Preisträgerinnen der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik sind in diesem Jahr Dr. Vera Künzle und Dr. Antonia Wachter-Zeh. Dr. Simon Kurasch hat es mit einem Nebenprodukt seiner Doktorarbeit sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft: Ihm war die elektronenmikroskopische Darstellung der weltweit dünnsten Glasschicht gelungen. Den zweiten Promotionspreis der Fakultät für Naturwissenschaften hat Dr. Yuzhou Wu erhalten. Dazu kommen Dr. Marianne Stockmann und Dr. Andreas Seitz (Medizinische Fakultät) sowie Dr. Sebastian Kestler (Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften).
Den Festakt beschloss Klaus Helmrich, Vorstandsmitglied der Siemens AG, mit seinem Vortrag „Starke globale Netzwerke für unternehmerischen Erfolg im globalen Wettbewerb.“ „In unserer dynamischen, sich ständig verändernden Umwelt ist es kaum mehr möglich, allen Herausforderungen alleine gerecht zu werden – auch nicht für einen global operierenden Technologiekonzern wie Siemens. Partnerschaften und starke Netzwerke sind deshalb unverzichtbar“, sagte der Ingenieur. Der Transfer wissenschaftlich-technischer Leistungen in die industrielle Umsetzung sei entscheidend für den Erfolg. Er freue sich, dass die Universität Ulm und Siemens seit Jahren ein partnerschaftliches Verhältnis verbinde. In den letzten fünf Jahren seien rund 30 Ulmer Uni-Absolventen eingestellt worden und drei Doktorarbeiten aus der Kooperation Siemens-Uni Ulm entstanden. Helmrich betonte, dass Siemens erheblich in Forschung und Entwicklung investiere und eine „echte Innovationskultur“ fördere. Er wies aber auch auf die steigenden Forschungs- und Entwicklungsausgaben einiger Schwellenländer – speziell China – hin und bezeichnete Industrie 4.0, also die Informatisierung der Produktionstechnologie, als große Chance für Deutschland. Der Chief Technology Officer und Arbeitsdirektor beschrieb die Kooperation mit der Uni Ulm abschließend als „enge, vertrauensvolle Partnerschaft auf Augenhöhe.“
Drei Antrittsvorlesungen beim Jahrestag
Am Morgen hatten drei Professoren ihre Antrittsvorlesungen gehalten. Professorin An Chen, Leiterin des Instituts für Versicherungswissenschaften, sprach über die „risikobasierte Bewertung betrieblicher Rentenversicherungen“. Beim Jahrestag lag ihr Schwerpunkt auf leistungsorientierten Rentenversicherungen, bei denen ein Garantiefonds die Zahlungen übernimmt, wenn der Arbeitgeber insolvent wird. Oft ist die Prämienkalkulation bei solchen, meist nordamerikanischen Versicherungen, nicht risikobasiert. Mit einem Forscherkollegen hat die Volkswirtin ein theoretisches risikobasiertes Modell zur Bewertung dieser Versicherungen entwickelt und anhand großer US-Betriebe überprüft. „Das Ergebnis stellt die Sinnhaftigkeit der aktuellen Prämienkalkulation in Frage“, so die 35-Jährige.
„Fahren, Messen, kommunizieren“ – in diesen Bereichen können Millimeterwellen zunehmend eingesetzt werden. Fortschritte in der Halbleitertechnologie machen es möglich. Professor Christian Waldschmidt, Leiter des Instituts für Mikrowellentechnik, ist Experte für diese elektromagnetischen Wellen und stellte in seiner Antrittsvorlesung auch Anwendungsfelder vor – von der Fahrerassistenz sowie Abstands- und Geschwindigkeitsmessung bis zu bildgebenden Sensoren und Einsatzmöglichkeiten in der drahtlosen Kommunikation.
Professor Wolfgang Janni, Ärztlicher Direktor der Universitätsfrauenklinik, beschäftigte sich in der dritten und letzten Antrittsvorlesung mit „Gespenstern in der gynäkologischen Onkologie“. Gemeint waren zirkulierende Tumorzellen bei Brustkrebspatientinnen, die auch nach der ersten Behandlung im Körper verbleiben und Jahre später einen Rückfall auslösen können. Nachweis und Untersuchung so genannter „minimaler Tumorresiduen“ im Knochenmark lassen Rückschlüsse auf die Tumorbiologie zu und ermöglichen eine Prognose. Inzwischen können Tumorzellen an der Uniklinik Ulm sogar in einer simplen Blutprobe aufgespürt werden. „In Ulm läuft die weltweit größte Studie, in der der Einsatz von Medikamenten in Abhängigkeit von zirkulierenden Tumorzellen untersucht wird“, ergänzte Janni.
Dieses Mal begleitete Juliane Horvath aus dem Universitätsorchester den Jahrestag auf der Harfe. „Mit 47 Jahren ist unsere Universität noch nicht alt und wir befinden uns offenbar auf dem richtigen Weg. Das ist ein Grund zu feiern“, kommentierte Präsident Karl Joachim Ebeling die Festveranstaltung.
Verantwortlich: Annika Bingmann
Foto (Eberhardt/kiz):
Die Protagonisten des Festakts (1. Reihe v.l.): Universitätspräsident Prof. Karl Joachim Ebeling, Klaus Helmrich (Siemens AG), die Promotionspreisträger Dr. Tanja Kurtz, Dr. Vera Künzle, Dr. Yuzhou Wu und Dr. Simon Kurasch.
2. Reihe v.l.: Die Promotionspreisträger Dr. Andreas Seitz, Dr. Sebastian Kestler und Hans Hengartner, Vorsitzender der Ulmer Universitätsgesellschaft. Es fehlen: Die Promotionspreisträgerinnen Dr. Marianne Stockmann und Dr. Antonia Wachter-Zeh