Computerspiele sind längst nicht mehr nur eine Freizeitbeschäftigung für Jugendliche. Mittels verschiedener mobiler Endgeräte werden „ernsthafte Spiele“ inzwischen oft und gerne zu Lernzwecken eingesetzt – zum Beispiel im Bildungsbereich und in der Gesundheitsförderung. An der Universität Ulm sollen so genannte Serious Games künftig erforscht werden.
Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert eine bereits bestehende Projektgruppe bis 2016 mit einer Million Euro. Damit wird das Forschungsteam um eine Juniorprofessur ergänzt, deren Themen Prozesse des Spielens, des Wissenserwerbs und des emotionalen Erlebens umfassen. Der Schwerpunkt liegt auf der Grundlagenforschung.
Um Spiele zur Kompetenzförderung zu entwickeln und zu verbessern, gilt es Expertise aus Technik-, Sozial- sowie Verhaltenswissenschaften zu bündeln. Dementsprechend wird die von der Zeiss-Stiftung finanzierte Juniorprofessur Teil der Arbeitsgruppe Serious Games, in der sich Informatiker, Ingenieure und Psychologen mit Forschungsverbünden sowie anwendungsorientierten Einrichtungen der Universität vernetzen und austauschen.
Die interdisziplinäre Ausrichtung der Arbeitsgruppe sowie der Juniorprofessur „Serious Games – Kompetenzförderung durch adaptive Systeme“ ist deutschlandweit einmalig. Bisher sind vor allem technische Aspekte der ernsthaften Spiele erforscht worden. „Der Forschungsbereich Serious Games schlägt an der Universität Ulm eine Brücke zwischen der Informatik, den Ingenieurwissenschaften und der Psychologie“, sagt Professor Michael Weber, Direktor des Instituts für Medieninformatik. Über den Schwerpunkt Kognitive Systeme und Mensch-Maschine-Interaktion füge er sich perfekt in die Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik ein.
Auf spielerische Art und Weise sollen sich Nutzer von Serious Games mit dem Ausbildungsgegenstand auseinandersetzen. Praktische Anwendungen ergeben sich etwa in der Ausbildung von Medizinern, die Behandlungsabläufe einüben und überall dort, wo reale Situationen Gefahren bergen oder nur selten eintreten. Beispiele sind bestimmte Polizei- oder Feuerwehreinsätze sowie gefährliche Laborarbeiten, die gezielt erlernt werden sollen.
Generell können Serious Games vielfältig zur Weiterbildung von Personen jedes Alters eingesetzt werden. Gerade die massenhafte Verbreitung von Smartphones, sozialen Netzwerken und Videospiel-Konsolen eröffnet neue, oft zeit- und ortsunabhängige Nutzungsmöglichkeiten.
An der Universität Ulm sollen etwa die Urteilsbildung des Spielers, seine Entscheidungen sowie die Entwicklung von Strategien und Techniken untersucht werden. Auf psychologischer Seite stehen Informationsverarbeitungs- und Gedächtnisprozesse sowie die Aufmerksamkeitsausrichtung von Nutzern im Mittelpunkt. Wie sich Serious Games der Spiellogik sowie den aktuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten des Nutzers anpassen, sind demgegenüber technikorientierte Fragestellungen.
Die zu besetzende Juniorprofessur Serious Games ist am Institut für Psychologie und Pädagogik angesiedelt, beinhaltet jedoch zahlreiche Schnittmengen mit weiteren universitätsinternen und –externen Einrichtungen.
Direkte Anwendungsmöglichkeiten für Serious Games ergeben sich an der Universität Ulm zum Beispiel über das Zentrum für Lehrentwicklung in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und das Zentrum für E-Learning. Dazu kommt in besonderem Maße die Ulmer School of Advanced Professional Studies (SAPS) zur berufsbegleitenden akademischen Weiterbildung.
Von Annika Bingmann