Die Mediziner-Ausbildung an der Universität Ulm wird ab Samstag, 26. Januar, um ein in Deutschland bisher einmaliges Element bereichert: An diesem Tag nämlich eröffnet die Ulmer Uni ihr neues „Theatrum Anatomicum“, einen dem Präpariersaal der Anatomie angegliederten Demo-Operationssaal, in dem die Studierenden bereits im Rahmen ihrer vorklinischen Ausbildung chirurgische Basis-Fähigkeiten erlernen können, richtiges Waschen und Einkleiden inklusive.
„Das gab es bisher in dieser Form nicht“, sagt Professor Tobias Böckers, seit viereinhalb Jahren Direktor des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Universität Ulm und damit zuständig für den für angehende Human- und Zahnmediziner unumgänglichen Präparierkurs. Er hatte die Idee zu der neuen Einrichtung, für die rund 195 000 Euro veranschlagt sind, ausschließlich finanziert aus Studiengebühren übrigens. Auch deswegen sei das Vorhaben bemerkenswert schnell realisiert worden, freut sich Böckers, gerade mal ein Jahr dauerte es von der Idee bis zur Eröffnung. Wichtig freilich auch: Die Medizinische Fakultät unterstützte das Projekt, die Fachschaft war dafür und Verwaltung wie Bauamt zogen vorbildlich mit. Von dem detailgetreu gestalteten Demo-OP erwartet Professor Böckers nicht nur neue Impulse für die Ausbildung und die Motivation des Medizinernachwuchses, sondern auch eine Aufwertung des Studienorts Ulm. „Wir gewinnen damit zweifellos an Attraktivität“, ist der Wissenschaftler überzeugt und hat bereits festgestellt: „Die Mundpropaganda ist schon jetzt enorm.“ Jedenfalls werde mit dem „Theatrum Anatomicum“ die vorklinische Ausbildung mit der klinischen enger verknüpft. Tobias Böckers: „Wir wollen hier insbesondere vermitteln, dass die im Präparierkurs erlernten anatomischen Strukturen denen entsprechen, denen die Mediziner zum Beispiel später bei klinischen Operationen begegnen.“
70 bis 80 Studenten könnten hier zum Beispiel gleichzeitig den Austausch eines Kniegelenks hautnah mitverfolgen, weitere das Geschehen per Videoübertragung im benachbarten Präpariersaal beobachten. Für den Anatomen fraglos „ein absolut moderner Ausbildungsansatz und ein Alleinstellungsmerkmal unserer Universität dazu“. Ein weiterer Aspekt: Professor Böckers zufolge haben die Chirurgen des Klinikums bereits Interesse an einer Nutzung für ihre eigenen OP-Kurse signalisiert.
Nur den Begriff und das zentrale Element des Seziervorgangs haben die Ulmer Wissenschaftler vom mittelalterlichen „Theatrum Anatomicum“ übernommen. Im seinerzeitigen „Tempel der Sterblichkeit“ nämlich, im 16. Jahrhundert vornehmlich in vielen europäischen Städten entstanden, war zu den anatomischen Vorführungen auch zahlendes Publikum zugelassen.
Die Eröffnungsfeier beginnt am Samstag, 26. Januar, um 11 Uhr im Hörsaal 4/5 mit der Begrüßung durch Professor Tobias Böckers. Grußworte sprechen werden Uni-Präsident Professor Karl Joachim Ebeling, Professor Thomas Wirth als Prodekan der Medizinischen Fakultät und der Sprecher der Fachschaft Medizin, Marc Grathwohl. Vorgesehen ist ferner ein Kurzvortrag „Moderne Anatomie“ von Dr. Ulrich Fassnacht (Institut für Anatomie und Zellbiologie).
Anschließend kann das „Theatrum Anatomicum“ besichtigt werden. Dabei wird Professor Peter Radermacher von der Anästhesiologie des Uni-Klinikums eine OP-Narkose demonstrieren. Studenten des laufenden Makroskopischen Kurses werden zugleich Poster vorstellen, deren beste im Laufe des Nachmittags prämiert werden.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Tobias Böckers, Tel. 0731/500-23220