Ehrenvolle Aufgabe für Professor Franz Porzsolt, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Ökonomik der Universität Ulm: Der Wissenschaftler, der sich seit fast zwei Jahrzehnten mit der Bewertung von Gesundheitsleistungen beschäftigt, ist von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA (International Atomic Energy Agency) eingeladen worden, die UN-Organisation mit Sitz in Wien und insgesamt 4500 Beschäftigten bei deren Leistungen auf dem Gesundheitssektor zu beraten, Porzsolt zufolge der größte Bereich bei der zivilen Nutzung der Kernenergie neben Wasser, Umwelt sowie Ernährung und Landwirtschaft.
Zur Bewertung von 130 Projekten, die von der IAEA mit rund 80 Millionen Euro gefördert worden waren, hatte diese ein vierköpfiges Gremium berufen, dem neben dem Ulmer Hämatologen und Onkologen der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Syed Mohamed Aliunid aus Malaysia sowie die Technik-Experten Dr. Aaron Fester (Kanada) und Dr. Belal Moftah (Saudi-Arabien) angehörten. Kernaufgabe des internationalen Quartetts war die Entwicklung einer Strategie für die Bewertung nuklearer Anwendungen im Gesundheitssystem wie Bestrahlungen oder die Computertomografie, einen Vergleich mit nicht-nuklearen Technologien inklusive. „Keine ganz leichte Aufgabe“, wie Professor Porzsolt festgestellt hat, schließlich sei bei vielen Maßnahmen die Zielerreichung nicht definiert gewesen.
„Unabhängig davon hatten wir zu beurteilen, ob sich die Behörde mit ihren Aktivitäten auf dem richtigen Weg befindet, ob eine Zusammenarbeit mit anderen Partnern denkbar ist und in welchen Bereichen sie ihr Engagement fortsetzen oder beenden sollte“, so der Ulmer Wissenschaftler, der in diesem Zusammenhang auch zu einem Vortrag über die Bewertung von Gesundheitsleistungen eingeladen war. Dabei hatte Porzsolt unter anderem sein „Vier-Säulen-Modell“ präsentiert, das eine Bewertung diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen auf der Basis von vier Kriterien beinhaltet: Der generellen Wirkung, der Kosten, der Wirksamkeit aus Sicht des Arztes und des Werts aus Sicht des Patienten.
Allerdings sei gerade der Nutzen diagnostischer Maßnahmen nur sehr schwer zu beurteilen, sagt der Experte. Im Gegensatz zur Therapie, so Professor Porzsolt, „denn hier wird am Ende klar, ob sie funktioniert hat oder nicht“. Bei der Diagnostik indes bedeute „ein zutreffendes Ergebnis noch lange nicht, ob es dem Patienten letztlich besser geht oder nicht“. Schließlich hänge dies auch von anderen Faktoren ab, den folgenden Entscheidungen des Arztes etwa. Er habe der IAEA deshalb die Entwicklung und Anwendung einer ausgefeilten Checkliste empfohlen, berichtet der Ulmer Wissenschaftler.
Warum ihn die Atomenergiebehörde für diesen Auftrag ausgewählt hat? „Ich weiß es nicht“, räumt Porzsolt ein, vermutet jedoch den Hintergrund in einem umfangreichen auch international anerkannten Fachbuch, das er vor geraumer Zeit gemeinsam mit Robert Kaplan, einem amerikanischen Kollegen aus Los Angeles, veröffentlicht habe. Überdies gebe es bislang weltweit nur wenige Wissenschaftler, die sich mit seinem Fachgebiet beschäftigten. Das freilich dürfte sich über kurz oder lang ändern, ist Franz Porzsolt überzeugt: „Auf Dauer führt an der ökonomischen Bewertung von Gesundheitsleistungen kein Weg vorbei.“ Das resultiere schon aus der wachsenden Alterung der Gesellschaft, einhergehend mit einer signifikanten Zunahme von Erkrankungen bei gleichzeitig knapper werdenden finanziellen Ressourcen.