Der diesjährige Alzheimer-Forschungspreis der Hans und Ilse Breuer-Stiftung geht an einen Wissenschaftler, der seine wissenschaftliche Laufbahn ganz dem Verständnis der Alzheimer-Pathologie gewidmet hat: Der renommierte, mit 100 000 Euro dotierte Preis wurde an Professor Heiko Braak vergeben.
Der Preis wurde am 26. Oktober zum zehnten Mal in Folge anlässlich der Eibsee-Konferenz "Zelluläre Mechanismen der Neurodegeneration" verliehen und ist die höchstdotierte Auszeichnung für Alzheimer-Forschung in Deutschland. Alzheimer und ähnliche Demenzen gehören zu den größten gesundheits-politischen Herausforderungen der Gegenwart. Die Hans und Ilse Breuer-Stiftung hat sich daher zur Aufgabe gemacht, herausragende Forschung auf diesem Gebiet zu fördern.
Heiko Braak (geb. 1937 in Kiel) ist einer der weltweit einflussreichsten und meist zitierten Wissenschaftler. Wie kein anderer steht der Name Braak für die Erkenntnis sich ausbreitender pathologischer Strukturen im Gehirn von Alzheimerpatienten. Braak analysierte tausende von Gehirnschnitten, um zu verfolgen, ob und wie sich die Pathologie im Gehirn eines Alzheimerpatienten ausbreitet und wo sie beginnt. Er konnte tatsächlich zeigen, dass die Erkrankung relativ lokal beginnt und sich nach einem genauen Schema über die Zeit im Gehirn ausbreitet. Dies ermöglichte ihm, die Erkrankung pathologisch je nach Fortschreitungsgrad der Pathologie in verschiedene diagnostische Stufen einzuteilen. Die Braak-Stufen I-VI zur Einteilung der Alzheimererkrankung sind weltweit zu einem unverzichtbaren Standard geworden.
Die zugehörige Publikation aus dem Jahre 1991 gehört zu den wichtigsten Arbeiten in der gesamten Alzheimerforschung - eine Tatsache, die durch unglaubliche 9100 Zitierungen eindrucksvoll unterstützt wird. Die Braak-Stadien der Alzheimererkrankung bieten zahllosen Wissenschaftlern eine einheitliche und vergleichbare Basis, die es erlaubt, nach genau festgelegten Kriterien das Fortschreiten der Alzheimererkrankung exakt zu bestimmen.
Eine ähnliche Stufeneinteilung konnte Braak auch für die Parkinsonerkrankung und nun auch für die Frontotemporale Demenz einführen. "Heiko Braak ist mit dem Konzept einer sich ausbreitenden Pathologie ein visionärer Vordenker der gesamten Neurodegenerationsforschung. Aktuelle Forschung an molekularen Mechanismen der Prion-ähnlichen Vermehrung und Ausbreitung der Alzheimerpathologie wäre ohne seine grundlegenden Studien nicht denkbar", so Professor Christian Haass von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Kuratoriumsmitglied der Hans und Ilse Breuer-Stiftung.
Seine fundamentalen Erkenntnisse will Braak jetzt für eine hochmoderne Studie anwenden, um seine bisher zweidimensionalen Gewebeuntersuchungen nun im gesamten Gehirn mit Hilfe modernster dreidimensionaler Mikroskopiertechniken zu erweitern.
Heiko Braak studierte Medizin in Berlin, Hamburg und Kiel. Bis 2002 war er Professor am Institut für Klinische Neuroanatomie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Seit 2009 ist er Seniorprofessor an der Ulmer Universitätsklinik für Neurologie/Zentrum für Klinische Forschung (ZKF) und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Hans und Ilse Breuer-Stiftung
Die Hans und Ilse Breuer-Stiftung wurde im Jahr 2000 von dem Unternehmer Hans Breuer gegründet. Die Frankfurter Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebenssituation von Demenzkranken und ihren Angehörigen entscheidend zu verbessern. Zweck der gemeinnützigen Stiftung ist es, exzellente wissenschaftliche Forschung im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzerkrankungen zu fördern und wissenschaftliche Netzwerke auf dem Gebiet der Alzheimer-Forschung zu unterstützen.
Darüber hinaus fördert die Hans und Ilse Breuer-Stiftung Projekte aus den Bereichen Versorgung, Betreuung und Therapie, die wesentlich dazu beitragen, das Leben von demenziell Erkrankten und ihren Familienangehörigen zu erleichtern und Alternativen in der häuslichen Pflege aufzeigen.
Als eigenes Projekt hat die Stiftung unter dem Namen "StattHaus Offenbach" nach umfassender Sanierung in einer denkmalgeschützten Gründerzeitvilla ein Demenzzentrum aufgebaut. Das Haus bietet unter anderem Räumlichkeiten für neun Menschen mit Demenz, die seit November 2014 eine ambulant betreute Wohngemeinschaft bilden. Die Wohn-Pflege-Gruppe wird in geteilter Verantwortung gemeinsam von Angehörigen, einem ambulanten Pflege- und Betreuungsteam, freiwilligen Helfern sowie von der Stiftung als Vermieter organisiert und begleitet. Gleichzeitig fungiert das StattHaus als Beratungs- und Informationszentrum für Betroffene und Angehörige. Hilfesuchende finden vielfältige Angebote, die von häuslicher Versorgung bis zur Tagesbetreuung reichen.
Text: Uli Kuhn, Uli Kuhn Consulting