Professor Detlef Bückmann, Biologe und Altrektor der Universität Ulm, feiert am Sonntag, 4. November, seinen 80. Geburtstag. Der gebürtige Helgoländer, der an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Zoologie, Botanik und Chemie studiert, dort auch promoviert und sich habilitiert hat, stand von 1979 bis 1983 als vierter Rektor an der Spitze der Universität Ulm. Sie hatte ihn 1969, zwei Jahre nach ihrer Gründung also, auf ihren ersten Lehrstuhl für Biologie berufen. Zuvor hatte er seit 1965 als Professor und Direktor des zweiten Zoologischen Instituts der Universität Gießen gewirkt.
Seine Bilanz heute? „Mein eigentliches Verdienst in Ulm bestand wohl darin, einige wichtige reformerische Grundsätze der Gründungsväter in die damalige neue Grundordnung hinüber zu retten“, sagt Professor Bückmann, seinerzeit noch als Vorsitzender des Großen Senats. Womit er insbesondere den Verzicht auf „große hierarchisch und diktatorisch geleitete Institute“ zu Gunsten des Abteilungssystems meint - rückblickend aus seiner Sicht für nicht wenige Wissenschaftler ein guter Grund, den Ruf nach Ulm anzunehmen.
Ein Jahr später, 1979, sei ihm dann als Rektor die Aufgabe zugefallen, „die neuen Strukturen und Gremien zum Laufen zu bringen“. Nicht zu vergessen die Übernahme der vormals städtischen Kliniken durch das Land, als Basis des Studienganges Medizin bekanntlich ein enorm wichtiger Meilenstein in der inzwischen 40jährigen Uni-Geschichte. Dabei hatte der vielseitig interessierte und gebildete Biologe mit nach wie vor ausgeprägten Neigungen zur Physik, Anthropologie, Paläontologie und Philosophie einem befreundeten Kollegen zufolge ursprünglich die Verpflichtung zu Aufgaben im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung „als großes Unglück“ bezeichnet.
Entziehen mochte er sich ihnen gleichwohl nicht.
Als Wahlsenator, später auch als Dekan im verglichen mit Ulm deutlich unruhigeren Göttingen der späten 60er-Jahre, entwickelte der junge Wissenschaftler Bückmann neben einem tief verwurzelten Pflichtbewusstsein auch die Leidenschaft, für seine hochschulpolitischen Vorstellungen zu kämpfen. Mit schnell erworbenen juristischen Kompetenzen überdies, die ihm enge Kontakte zu namhaften Göttinger Hochschulrechtlern vermittelt hatten. Fraglos wappneten ihn diese Erfahrungen und Kompetenzen auch für sein Amt als Rektor der Uni Ulm. Dass er sich daran heute allen Belastungen zum Trotz noch gerne erinnert, resultiert wohl vorrangig aus den Gestaltungsmöglichkeiten, die sich ihm in dieser Aufgabe eröffneten, ungeachtet diverser Konflikte mit der Ministerialbürokratie.
Sie beschränkten sich indes hauptsächlich auf die Hochschulgesetzgebung. Nicht betroffen waren wissenschaftspolitische Freiräume. Professor Bückmann nutzte sie unter anderem für die von ihm in den frühen 80er-Jahren mit initiierte Donaurektorenkonferenz. Ihr Ziel: Enge Kontakte der Universitäten in Deutschland, Österreich, Ungarn, der Slowakei und im damaligen Jugoslawien sollten dazu beitragen, den seinerzeitigen „Eisernen Vorhang“ durchlässiger zu gestalten. Damals schon früh durch die Konflikte auf dem Balkan für mehr als zwei Jahrzehnte unterbrochen, zeichnet sich derzeit eine Wiederbelebung dieser geografischen „Schiene“ ab.
Mehr Pflicht denn Kür unter Bückmanns Rektorat war schließlich die Aufgabe der Ulmer Universität, die damals insbesondere politisch verordneten rapide wachsenden Studentenzahlen zu bewältigen - in Verbindung mit der noch keinesfalls abgeschlossenen Strukturdebatte kein einfaches Werk. In seiner hier insgesamt investierten Arbeitsleistung sieht der Mensch und Wissenschaftler Detlef Bückmann seine feste innere Bindung an die Uni Ulm begründet. Und für ihn wohl zudem der Grund dafür, weitere ehrenvolle Rufe auf Lehrstühle in Bonn, Wien und München abzulehnen.
Seine schon früh erworbene wissenschaftliche Reputation erarbeitete sich der Biologe vor allem mit der Einbeziehung der in dieser Hinsicht damals noch wenig erforschten wirbellosen Tiere in die physiologische Forschung. „Sie ermöglicht es, die stammesgeschichtliche Entwicklung der physiologischen Mechanismen bis hinauf zum Menschen zu verstehen“, erklärt Professor Detlef Bückmann. Er forschte insbesondere über den Schweresinn und die Hormone der Insekten, beschäftigte sich ferner mit einer völlig unerforschten Gruppe von Meerestieren. Bald galt er als einer der weltweit führenden Endokrinologen auf dem Gebiet der wirbellosen Tiere.
Der damals neu gegründete Sonderforschungsbereich 87 „Endokrinologie“ interessierte ihn denn auch für die noch junge Uni Ulm. Von 1974 bis 1978 war er dessen Sprecher. „Entscheidend für meinen Wechsel aber war der persönliche Eindruck von Gründungsrektor Professor Heilmeyer nach einem ersten Gespräch in Ulm“, erinnert sich der 1996 emeritierte Lehrstuhlinhaber. Als Hochschullehrer sah er, alter deutscher Universitätstradition folgend, eine Hauptaufgabe in der „großen Vorlesung“ mit dem Ziel, die Prinzipien der Lebensvorgänge und -strukturen verständlich zu machen - über die Trennung von Botanik und Zoologie hinaus und über das ganze Organismenreich hinweg.
Als Emeritus blieb ihm noch lange Zeit die, wie er sich gerne erinnert, „schöne Aufgabe, in die Kenntnis der Vogelstimmen einzuführen“. Mit den damit verbundenen Lehrwanderungen versteht sich. Seiner Wissenschaft verbunden ist er nach wie vor als Vizepräsident der Deutschen Zoologischen Gesellschaft wie des Verbandes Deutscher Biologen.
Bundesweit über seine Emeritierung hinaus gefragt blieben auch Vorträge Professor Bückmanns und dies nicht nur über seine Spezialität, die Gliedertiere. Verstärkt widmet er sich bis heute vielmehr der spannenden Frage, inwieweit elementare biologische Grundlagen für Deutungen menschlichen Verhaltens herangezogen werden können, evolutionäre Entwicklungen eingeschlossen. Von der Zoologie über die Tierphysiologie zur Verhaltensbiologie sozusagen. Präziser: Zur Humanethologie und dem Versuch, das Handeln des Menschen mit dessen evolutionärem Erbe zu erklären.
Themen wie diese und seine Ehrenämter führen den Wissenschaftler bis heute fast arbeitstäglich an seinen Campus-Schreibtisch. Dank einer stabilen Gesundheit präsent ist er zudem bei allen größeren Uni-Veranstaltungen. Feiern aber will er am Sonntag nur im Familienkreis, mit Ehefrau, zwei Kindern und zwei Enkeln.
Anlage: Foto Prof. Dr. Detlef Bückmann