Leben, um zu arbeiten oder arbeiten, um zu leben? Ein aktuelles Thema mit vielen Facetten, hochkarätige Referenten mit spannenden Inhalten und Fragestellungen, mitunter auch konträren Thesen, dazu noch ein attraktives Rahmenprogramm – die „5. Ulmer Denkanstöße“ vom 14. bis 17. März werden nahtlos an die glanzvollen Veranstaltungsreihen der Vorjahre anschließen. Und die Sparda-Bank Baden-Württemberg als Sponsor hat den Verantwortlichen des Humboldt-Studienzentrums (HSZ) der Universität und der Stadt Ulm bereits eine Fortsetzung der Zusammenarbeit signalisiert.
„Ohne diese Unterstützung wären die Denkanstöße nicht möglich“, erklärt freimütig Bürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle, ohne die inzwischen fest etablierte Veranstaltung wiederum fehlte ein wichtiges Element im Stadtprogramm. Nicht nur der stets aktuellen Schwerpunktthemen wegen. Wobei sich gerade das diesjährige für einen lokalen Bezug regelrecht aufdränge. Schließlich sei Ulm einer der innovativsten Standorte, könne einen überaus günstigen Arbeitsmarkt vorweisen und positiven Prognosen dazu. Gleichwohl sei es wichtig, das Thema Arbeit aus unterschiedlichen Richtungen zu beleuchten: Welche Bedeutung verbindet sich mit dem Begriff in der abendländischen Kultur etwa? Wie hat sich die Sicht auf das Thema im Wandel der Geschichte entwickelt? Was tut sich an Zukunftsperspektiven auf und welche Werte sind mit der Arbeit verbunden?
HSZ-Geschäftsführerin Professorin Renate Breuninger ist denn auch überzeugt: „Mit dem Thema verbinden sich Fragestellungen, die keinesfalls schnell beantwortet werden können.“ Brennend aktuelle zumal und viele, die erst in jüngster Zeit in den Blickpunkt gerückt seien. „Warum und wofür arbeiten wir überhaupt?“ Jedenfalls für weit als für den Lebensunterhalt, sagt die Philosophin, sieht vor allem die Sinnstiftung als wichtigen Aspekt. Schließlich definierten sich viele Menschen inzwischen über ihren Beruf. Mit diversen Schattenseiten allerdings. „Es geht hauptsächlich um Karriere, Leistung und Geld“, so Breuninger, „und das zu Lasten von Freizeit und Erholung“. Sich zu regenerieren betrachteten viele nur noch als notwendig für den Beruf. „Die Folgen sind bekannt“, sagt die Wissenschaftlerin, „immer mehr Burnouts, jeder Dritte will vorzeitig in den Ruhestand, weil er sich im Beruf überfordert fühlt“.
Nicht übersehen werden dürfe freilich die andere Seite: Die Menschen außerhalb dieser Welt nämlich, Leute ohne Arbeit oder in prekären Arbeitsverhältnissen, von vielen Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen. Aber: Reicht es aus, die Arbeit nicht in diesem Maße zu überhöhen, als einzige Sinnstiftung? Reicht der Hinweis auf andere Arten des Tätigseins? Fragen, die Renate Breuninger zufolge schon die Philosophin Hannah Arendt aufgegriffen hat. Wie auch immer: Beide Seiten seien durch aktuelle Entwicklungen bedroht. Der eine Teil durch die fehlende oder unzureichend vergütete Arbeit, zudem verstärkt durch fehlende Perspektiven. Der andere Teil durch ständige Erreichbarkeit und Mobiltät, die Reduzierung des privaten Bereichs durch die Arbeit mit Folgen bis zur Isolation oder seelischen Verwahrlosung. Und dem Burnout eben als Krankheitsbild.
Mitnichten leichte Kost also, die von den Protagonisten der Veranstaltung serviert werden dürfte, unter ihnen Priester, Promis, Professoren, reichlich bekannte Namen wie Trigema-Chef Wolfgang Grupp etwa oder der Wiener Zukunftsforscher Matthias Horx und namhafte Repräsentanten ihrer Fachgebiete. Der eine oder andere Referent womöglich auch mit konkreter Lebenshilfe. Der Schriftsteller Dr. Ulrich Schnabel vielleicht („Muse. Vom Glück des Nichtstuns“) oder Dr. Notker Wolf, Abtprimas des Benediktinerordens in Rom mit seinem Festvortrag zur Eröffnung „Ora et labora – Anregungen für die Lebensgestaltung in einer komplexen Welt“.
„Die Denkanstöße sind inzwischen eine Erfolgsgeschichte, nicht zuletzt der hochkarätigen Referenten wegen, die uns auch heuer wieder spannende Vorträge erwarten lassen“, freut sich Günther Przyklenk, Marketingleiter der Sparda-Bank, der einmal mehr ein übervolles Stadthaus erwartet, zumindest am Eröffnungsabend. „Aber wir wollten bewusst im Stadthaus bleiben, es ist das Herz Ulms.“ Sein Unternehmen glaube „fest an dieses Projekt“, versichert der Sparda-Mann, „wir werden die Denkanstöße auch künftig fördern wie bisher“.
5. Ulmer Denkanstöße
Von Willi Baur