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MIT-Gastprofessor zum Apollo-Bordcomputer:
Was Nachwuchsingenieure von der ersten Mondlandung lernen können

Ulm University

Mit dem Apollo-Bordcomputer kennt er sich bestens aus. Tiefseeroboter, die zum Beispiel das Schiffswrack der Lusitania erforscht haben, hat er mitkonstruiert. Professor David Mindell vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist Elektrotechniker, Wissenschaftshistoriker und zurzeit zu Gast an der Universität Ulm. In drei Vorlesungen hat der Autor von „Digital Apollo“ sein Wissen über die erste Mondlandung mit Studierenden der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik geteilt. „Die Mission wäre ohne den Apollo Guidance Computer, ein eingebettetes Navigations-System, niemals möglich gewesen“, stimmen  Mindell und sein Gastgeber Professor Frank Slomka überein. Zur Erinnerung: Ein eingebettetes System ist als Miniatur-Computer Teil eines übergeordneten technischen Systems – das wohl bekannteste Beispiel ist das Antiblockiersystem (ABS) eines Fahrzeugs.

„Jeder Ingenieur und Informatiker ist von der Mondlandung absolut fasziniert. Für eine Informatik-Anfängervorlesung bietet sich ein begeisterndes Thema natürlich an“, sagt der Professor aus Boston. Frank Slomka, Leiter des Instituts für Eingebettete Systeme/Echtzeitsysteme, hat seinen nordamerikanischen Kollegen jedoch keineswegs zur Unterhaltung der Ulmer Studierendenschaft eingeladen. Vielmehr sollen die Nachwuchsingenieure anhand des prominenten Beispiels „Mondmission“ den Umgang mit Echtzeitfehlern nachvollziehen.

Aus der Geschichte lernen: Softwarefehler bei der ersten Mondlandung
Vor welchen Herausforderungen die Konstrukteure des Apollo-Bordcomputers standen, weiß Mindell ganz genau: Für sein Buch hat er fast alle Beteiligten interviewt. „In den 1960-er Jahren steckte die Softwareentwicklung in den Kinderschuhen, übliche Computer waren riesig, langsam und nicht sehr zuverlässig“, so der amerikanische Forscher. Der größtenteils am MIT entwickelte Apollo-Bordcomputer war also revolutionär: In festgelegten Zeitfenstern führte er Bahnberechnungen durch und war direkt an das Raumschiff und seine Steuerelemente gekoppelt. Trotzdem machte ein Softwarefehler, zurückzuführen auf die Überlastung des Rechners, den Traum von der Mondlandung fast zunichte. „Solche Echtzeitfehler treten auch bei heutigen eingebetteten Systemen auf. Das Beispiel der Astronauten um Neil Armstrong und Buzz Aldrin zeigt, dass es fundierter wissenschaftlicher Kenntnisse  bedarf, um sie zu beheben“, so Slomka.

Das Apolloraumschiff mit dem Bordcomputer war das erste Fly-by-Wire System der Geschichte. Diese Technik findet sich mittlerweile in jedem modernen Verkehrsflugzeug und geht direkt auf das Raumfahrtprogramm zurück.

Inzwischen arbeitet David Mindell an einem Buch über Tiefseeroboter. Auch auf diesem Gebiet ist er Experte: Der Ingenieur hat sogar mit Robert Ballard zusammengearbeitet, dem Entdecker des Titanic-Wracks. „Als Student hat mich Ballards Buch über der Einsatz von Robotern bei der Suche nach der Titanic fasziniert. Auch deshalb konnte ich mich für das teilweise harte Studium der Elektrotechnik motivieren“, erinnert sich Professor Slomka. In wenigen Tagen wird ein Traum für ihn wahr: David Mindell wird ihm die Unterwasserroboter in Woods Hole (Massachusetts) vorführen.

Die Vorlesung zum Apollo Bordcomputer ist Teil des Projekts „Willkommen in der Wissenschaft“, das Studienanfängern den Einstieg in ihr Fach und die Forschung erleichtern soll – unter anderem durch Gastvorträge. Für das Projekt konnte die Uni Ulm im vergangen Jahr 300 000 Euro vom Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) einwerben.

Verantwortlich: Annika Bingmann