Wobei ein Wirken im Grenzbereich der Disziplinen kein Nachteil sein muss, im Gegenteil. Von 2006 bis 2008 fungierte er bereits als Prodekan der Fakultät für Naturwissenschaften, anschließend als Studiendekan der Chemie. Nur für ein Jahr allerdings. Denn im Herbst vergangenen Jahres wählte ihn seine Fakultät schon zum Dekan. „Da war ich noch nicht einmal fünf Jahre in Ulm“, bilanziert der gebürtige Lüneburger des Jahrgangs 1961 seine Blitz-Karriere in der akademischen Selbstverwaltung.
Zuletzt dazu beigetragen hat fraglos die Wahl seines Vorgängers zum Vizepräsidenten für die Forschung, Professor Peter Bäuerles Wechsel in die Hochschulleitung also. Und nach dem Verzicht der eigentlich für das Amt anstehenden Physik sei dessen Nachfolge eben auf ihn zugelaufen, sagt Axel Groß. Dass er die Aufgabe gerne übernommen hat, verhehlt er nicht: „Die Arbeit ist interessant und ich lerne immer noch viel dazu“, erklärt der Wissenschaftler. Überdies sei der Zeitaufwand zwar beträchtlich, aber mit seinem vorherigen Amt vergleichbar. „Meine Mitarbeiter im Institut leiden darunter schon“, räumt Professor Groß ein. Er selbst indes komme mit der verbleibenden Restzeit einigermaßen klar. Immerhin betreue er noch sechs Doktoranden und einen Postdoc selbst. „Vier mehr“ nennt der Direktor als Ziel und macht deutlich: „Die Lust an eigenen Projekten ist nach wie vor da.“
Das gelte insbesondere für sein ureigenes Forschungsgebiet („mein persönliches Steckenpferd“), die Dynamik der Molekül-Oberflächenwechselwirkung. Mit der er sich seiner Vita zufolge schon seit seiner Arbeit am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin beschäftigt, von 1993 bis 1998 übrigens. Einer der Direktoren dort seinerzeit: Professor Gerhard Ertl, Chemie-Nobelpreisträger 2007, auch er Physiker. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang: Chromblitzende Apparaturen, Gase oder Chemikalien sucht man in Professor Groß’ Institut (nomen est omen) vergebens. Die Erklärung: „Wir brauchen nur sehr leistungsfähige Rechner.“
Mit Computer gestützten Methoden („eine Art virtuelles Chemie-Labor“) untersuche sein Team Wechselwirkungen von Molekülen mit verschiedenen Oberflächen, so Groß, nützlich für die Katalyse wie die Elektrokatalyse. Seit kurzem auch organische Schichten auf Oberflächen („Molekular-Elektronik“), interessante Anwendungen jedenfalls für die Oberflächenchemie und vielfach an konkrete Experimente angelehnt. Das Ziel: „Prozesse untersuchen und sie verstehen.“ Ein Vorteil der Rechner-Simulationen: „Wir können Vorgänge jederzeit anhalten, sie detailliert analysieren oder kontrolliert beeinflussen und sind damit sehr flexibel.“ Und noch etwas: Der Rechner, einmal mit Daten gefüttert, arbeite auch alleine. Das bringe Zeit für andere Aufgaben.
Im Dekanat etwa. Wo ihn, das sei ihm bewusst, „nicht wenige große Herausforderungen erwarten“. Mit den Vorbereitungen auf die nächste Runde der Exzellenzinitiative zum Beispiel, einer Nachfolge-Lösung für den in zwei Jahren auslaufenden Sonderforschungsbereich 569, der Umsetzung des Forschungsverbunds Elektrochemie für Elektro-Mobilität, der im Mai anstehenden Begutachtung für die beantragte DFG-Forschungsgruppe auf dem Gebiet der Elektrokatalyse und einer ganzen Reihe von Nachfolge-Berufungen. „Im Grunde erwartet man vom Dekan auch Anstöße und strategische Planungen“, weiß Professor Axel Groß. Doch im Vordergrund stünden derzeit die Koordination und Umsetzung bereits laufender Vorhaben. „Auch meine integrativen Fähigkeiten waren schon gefordert“, hat der Dekan erfahren. „Ich bin ein Mensch, der auf Konsens setzt“, beschreibt er sich selbst. „Ich will die Fähigkeit der Fakultät zu gemeinsamen Forschungsprojekten erhalten“, hat er sich vorgenommen, „und ungeachtet der enormen Bandbreite unserer Fächer Biologie, Chemie und Physik alle drei in gemeinsame Forschungsverbünde einbinden“.