Zentrum für Quanten-Biowissenschaften
Spitzengebäude für Spitzenforschung
Die Zukunft der Sensorik und optimierter bildgebender Verfahren beginnt im Zentrum für Quanten-Biowissenschaften (ZQB) an der Universität Ulm. Derzeit wird das einzigartige Gebäude von Forschenden aus Physik, Chemie sowie aus der Medizin bezogen.
Die Ursprünge des hochtechnologisierten Neubaus ZQB reichen bald eine Dekade zurück: Im Jahr 2012 haben sich die Professoren Tanja Weil, Martin Plenio und Fedor Jelezko gegen rund 700 Mitbewerber durchgesetzt und einen ERC Synergy Grant über 10,3 Millionen Euro eingeworben. Die Ziele der Gruppe BioQ, die zwischenzeitlich um den Virologen Professor Frank Kirchhoff erweitert wurde, sind ambitioniert: Mit neuartigen, quantenbasierten Sensoren soll die Untersuchung von Strukturen und Funktionen einzelner Biomoleküle möglich werden. Weiterhin wollen die Forschenden bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) so weit optimieren, dass Stoffwechselprozesse sichtbar werden, die beispielsweise den Erfolg einer Krebsbehandlung anzeigen. Der Transfer in die biomedizinische Anwendung hat bereits begonnen – insbesondere über das eigens gegründete Start-Up-Unternehmen der Forschenden „NVision“.
Neben solchen Innovationen für die biomedizinische Forschung und Diagnostik werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im ZQB auch Grundlagenforschung betreiben: Dabei wollen sie die Rolle der Quantenmechanik bei biologischen Phänomenen wie der Photosynthese, viralen Infektionen oder dem Geruchssinn aufklären. Bei all diesen Forschungsaktivitäten sind oft winzige Diamanten die wichtigsten Helfer. Solche künstlichen Edelsteine können elektrische oder magnetische Felder im Nanobereich erfassen und erlauben so die Untersuchung einzelner Proteine.
Gesamtbaukosten: 23 Mio. Euro
Erstausstattung: 2,06 Mio. Euro
Finanziert von Bund (50 %), Land und Universität.
Antrag gemäß der Hochschulbauförderung nach Art. 91 b GG
Genehmigung/Empfehlung des Wissenschaftsrats (Note "hervorragend"): 2014
Baubeginn: 3/2016 (Richtfest: 11/2017)
Nutzfläche: 2800 m2
Architekten: Heinle, Wischer und Partner, Stuttgart
Projektleitung: Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Ulm
Diese hochkomplexe interdisziplinäre Forschung erfordert eine besondere Infrastruktur: Im ZQB stehen den Forschenden 2800 m2 auf drei Etagen zur Verfügung. Um störungsfreie Experimente zu ermöglichen, sind Laserlabore im Untergeschoss als Raum-im-Raum-Konstruktion errichtet worden. Das Fundament lagert auf Luftfedern, damit äußere Einflüsse wie Schall, Elektromagnetismus oder Erschütterung abgedämpft werden. Die besondere Konstruktion des Labors erlaubt es also, höchstsensitive magnetische Messungen auf kleinsten Längenskalen bis hin zu einzelnen Proteinen durchzuführen.
Das 22 Millionen Euro teure, von Bund, Land und Universität finanzierte Gebäude, hat bereits maßgeblich zu einem Erfolg beigetragen: Professor Martin Plenio ist es gelungen, ein seltenes Reinhart Koselleck-Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und somit 1,5 Millionen Euro einzuwerben. Im Zuge dieser auf fünf Jahre ausgelegten Förderung will Plenio theoretische Grundlagen schaffen, um die Grenzen der Kernspinresonanz mithilfe der Quantentechnologie zu überwinden. So möchte er Anwendungen wie die NMR-Spektroskopie oder bildgebende Verfahren wie MRT auf die Mikro- und Nanoskala ausweiten. Fernziel sind unter anderem kleine, kostengünstige NMR-Geräte, die sogar in der Hausarztpraxis eingesetzt werden können. Nutzerinnen und Nutzer könnten in einem einzigen Blutstropfen nach Krankheitsmarkern fahnden oder hochgenaue chemische Analysen durchführen. Um ein solches Koselleck-Projekt können sich leistungsstarke Forschende mit ihren innovativen, jedoch „risikobehafteten“ Projekten bewerben. Das ZQB bietet für solche hochkomplexe Vorhaben die ideale Infrastruktur: „Die Bewilligung des Projekts ist auch ein erster Erfolg des Zentrums für Quanten-Biowissenschaften. Das Gebäude bietet ein ideales Umfeld für die enge Zusammenarbeit der theoretischen und experimentellen Physik mit der Chemie und etwa Medizin“, so Professor Plenio.
Kurzum: Mit seiner maßgefertigten Infrastruktur wertet das einzigartige ZQB den Quantentechnologie-Standort Ulm weiter auf und bietet bis zu 115 Forschenden eine wissenschaftliche Heimat.
Anfang Juli hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein besonderes Gebäude an die Universität Ulm übergeben: das Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften (ZQB). Die Fertigstellung erfolgte sogar im Zeit- und Kostenrahmen, wie die eigens angereiste Finanzstaatssekretärin Gisela Splett lobend erwähnte. Zur Einweihung dieses exakt auf die Bedürfnisse der Forschenden abgestimmten Neubaus unterstrich Landesvater Kretschmann: „Auf der ganzen Welt verfügt nur Ulm über ein Gebäude wie dieses: 2800 Quadratmeter hochsensible und hochgenaue Mess- und Labortechnik der Extraklasse. Das bedeutet Forschen auf Spitzenniveau.
Gerade für Baden-Württemberg – mit seiner starken Gesundheitswirtschaft – ist das ZQB ein ganz zentrales Stück Zukunft! Hier wird überprüfbar und messbar, was zuvor noch kein Mensch gesehen hat." In seiner Ansprache thematisierte der Ministerpräsident auch die Entscheidung, die „Forschungsfertigung Batterie“ nicht in Ulm, sondern in NRW, anzusiedeln – aber insgesamt überwog die Freude über den maßgefertigten Neubau. „Sie forschen an kleinsten Teilchen, doch drehen dabei an einem großen Rad“, betonte der ehemalige Biologie- und Chemielehrer.
Tatsächlich bildet die Quantentechnologie die Grundlage vielfältiger Anwendungen – vom Quantencomputer über den abhörsicheren Datentransfer bis zu hochsensiblen Sensoren, die im ZQB beforscht werden. An der Universität Ulm zähle die Quantentechnologie zu den strategischen Entwicklungsbereichen und gleich mehrere Forschende gehörten zu den „meistzitierten Köpfen“ der Welt, wusste der Ulmer Universitätspräsident Professor Michael Weber bei der Übergabe des Neubaus zu berichten. Dementsprechend vielfältig sind die wissenschaftlichen Aktivitäten auf dem Campus: Im „Center for Integrated Quantum Science and Technology“ (IQST) übertragen Experten aus Ulm und Stuttgart die Quantenwissenschaften in technische Anwendungen – dabei werden das ZQB sowie ähnliche Neubauten an der Universität Stuttgart und am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung eine tragende Rolle spielen. Zudem wird gerade das Zentrum „DLR-QT“ an der Uni Ulm aufgebaut. Mit rund 11 Millionen Euro jährlich vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert, sollen in diesem Institut quantenbasierte Präzisionsinstrumente für den Weltraum beforscht werden – Anwendungen reichen von der Navigation bis zur Wetterbeobachtung. „Im ZQB schlagen unsere Forschenden nun eine Brücke zwischen den Quanten- und den Biowissenschaften und entwickeln vor allem neue Technologien für die biomedizinische Forschung sowie Diagnostik. Für solche interdisziplinären Projekte bietet das ZQB den idealen Rahmen", resümierte Präsident Weber. Anschließend lernten die Gäste den einmaligen Forschungsbau bei einem Rundgang kennen.
Text: Annika Bingmann
Fotos: Martin Duckek, Elvira Eberhardt, Heiko Grandel