Von der IT-Beratung in die Kulturhallen
Uni-Alumnus ist neuer Geschäftsführer des Ulmer Roxy
Christian Grupp hat den Sprung gewagt und ist nach Jahren als „Businessreisender“ nun Geschäftsführer des Ulmer Roxy. Für einen Absolventen des Studiengangs Wirtschaftsmathematik der Uni Ulm ein eher ungewöhnlicher Lebenslauf, aber Grupp ist mit dem Wechsel und seinen neuen Aufgaben sehr zufrieden.
Noch sieht man Christian Grupp den ehemaligen Unternehmensberater an: im Hemd und mit Seitenscheitel erscheint der 40-Jährige zum Interview. Grupp ist seit der neuen Spielzeit im September Geschäftsführer des Ulmer Roxy, nach eigenen Angaben eines der größten soziokulturellen Zentren Süddeutschlands und damit ein Ort der Kreativen, Künstler und Freigeister.
"Ich fühle mich hier sehr wohl", sagt Grupp mit einem Lachen. "Die Kollegen haben mich gut aufgenommen und ich lerne noch immer täglich dazu. Sogar Bier gezapft hinter der Theke habe ich bereits." Bis vor Kurzem hatte Christian Grupp noch ein ganz anderes Arbeitsumfeld: Als IT-Unternehmensberater in der Finanzdienstleistungsbranche war er 13 Jahre lang von Wien aus für Kunden in Mittel- und Osteuropa zuständig. Für den Familienvater hieß das aber auch drei bis vier Tage in der Woche unterwegs zu sein und so wenig Zeit für Partnerin und Sohn zu haben.
Dass er als Geschäftsführer des Roxy nun Beruf und Familie besser vereinbaren kann, hat ihn unter anderem zum Wechsel bewogen. „Zwar habe ich immer noch lange Tage, denn eigentlich geht es erst abends in den Hallen richtig los. Aber ich kann zwischendurch mit meiner Familie zu Abend essen und meinen Sohn ins Bett bringen“, schildert Grupp seinen neuen Tagesablauf.
Den Zahlen und Statistiken ist der Wirtschaftsmathematiker auch in seiner neuen Position treu geblieben. Im Roxy ist er als Geschäftsführer für Finanzen und Personal zuständig und macht vor allem Projektarbeit - wie auch schon zuvor als Unternehmensberater. Rund 80 Mitarbeiter, vom festen Angestellten bis zur Servicekraft an der Bar, verlassen sich darauf, dass Grupp für die Kulturhallen solide wirtschaftet. Das Roxy ist eine gemeinnützige Gesellschaft und deckt rund 70 Prozent seiner Kosten durch Ticketverkäufe und Gastronomie selbst. Den Rest schießen Kulturförderung von Stadt und Land sowie Sponsoren und Förderer zu.
Der lange Weg ins Roxy
Dass Christian Grupp einmal die Möglichkeit haben würde, seine berufliche Expertise als Unternehmensberater mit seiner Leidenschaft für Musik und Kunst zu vereinen, hätte er kaum zu träumen gewagt. Als die Stelle des Geschäftsführers ausgeschrieben wurde, zögerte er nicht lange und wurde tatsächlich von den Gesellschaftern des Roxy zum Geschäftsführer bestellt. Bereits seit seiner Studienzeit kennt Grupp das Roxy nicht nur als Gast, sondern auch als Künstler. Als Bassgitarrist in der Band des "Theaters in der Bastion" ist er in den Kulturhallen schon aufgetreten. "Seit fast 20 Jahren erarbeitet die Theatergruppe Stücke und Musicals, dadurch kam der Kontakt zum Roxy zustande. Man kennt sich in Ulm eben", erklärt Grupp, der die Stadt als seinen Lebensmittelpunkt ansieht.
Als er Ende der 1990er-Jahre aus der Kleinstadt Geislingen im Zollernalbkreis an die Universität kam, waren Ulm und das freie akademische Leben an der Uni für ihn aufregend. Für Wirtschaftsmathematik konnte er sich als Absolvent eines Wirtschaftsgymnasiums gleich begeistern, auch wenn er sich im Grundstudium durchaus „durchbeißen“ musste. „Das Wichtigste, das ich an der Uni gelernt habe, waren Selbstorganisation und Zeitmanagement. In der IT-Beratung kam ich auch viel mit dem Thema Digitalisierung in Berührung. Die agilen Methoden, die im Studium vermittelt wurden, waren hier sehr nützlich“, so Grupp.
Zwar hat der Diplom-Wirtschaftsmathematiker nicht mehr viel Kontakt zu ehemaligen Kommilitonen, aber dass er ab sofort eine wichtige Rolle in Ulms Kulturszene spielt, ist auch an seiner ehemaligen Fakultät nicht unbemerkt geblieben. "Einer meiner ehemaligen Professoren, Hans-Joachim Zwiesler, hat mir sogar per Mail zum 'Amtsantritt' gratuliert. Es ist schön zu sehen, dass man mich an der Uni noch kennt", freut sich der Hobbymusiker.
Das Ulmer Roxy residiert in den ehemaligen Magirus-Werkhallen innerhalb der Oberen Donaubastion und bietet jährlich rund 220 Veranstaltungen - darunter Konzerte, Lesungen, Poetry-Slams und Partys.
Neue Pläne für die Kulturhallen
Zusammen mit Programmchef Michael Mutschler will Christian Grupp das Kulturzentrum in den ehemaligen Magirus-Werkhallen auch im 30. Jahr seines Bestehens mit der bewährten Mischung aus Musik, Kabarett und Comedy, Slams sowie Projekten, wie dem Musikmarathon, weiterführen. Neu hinzukommen im Jubiläumsjahr das "Labor" als Experimentierbühne für freie Künstler und Ensembles sowie ein sommerlicher "Kulturbiergarten" mit kostenlosen Veranstaltungen.
Studierende sind für Grupp und das Roxy eine wichtige Besucherklientel und auch auf der Bühne gern gesehen. Vor allem bei Reihen wie dem "Poetry Slam", einem modernen Dichterwettstreit, oder dem "Science Slam", bei dem es um die populärwissenschaftliche Vermittlung von Forschungsthemen geht. Auch Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Uni Ulm haben bereits ihre Forschung dem Publikum innerhalb einer vorgegebenen Zeit allgemeinverständlich und unterhaltsam präsentiert. "Als kulturinteressierter Mensch kommt man in Ulm um das Roxy einfach nicht herum", findet Christian Grupp, "Das Ambiente der Fabrikhallen, die Flexibilität des Hauses und das abwechslungsreiche Programm machen für mich das Roxy einzigartig und zum idealen Arbeitsplatz."
Video-Interview mit Christian Grupp
Text und Video: Daniela Stang
Fotos: Florian Wenzel, Matthias Müller