Löwenkot stoppt Raubzüge auf Feldern und Plantagen

Natürliches Elefanten-Repellent

Elefanten richten nicht nur in Porzellanläden erhebliche Schäden an: Von Afrika bis Südostasien plündern die Rüsseltiere immer wieder Felder oder Obstplantagen und verursachen so erhebliche wirtschaftliche Probleme. Ein wirksames Mittel, das Elefanten von Feldfrüchten fernhält und gleichzeitig ihren Bestand schützt, gab es bisher nicht. Doch nun haben Forschende der Universität Ulm und aus den USA ein natürliches „Elefanten-Repellent“ identifiziert: Löwenkot.

Es ist der wirtschaftliche Albtraum vieler Kleinbauern oder Plantagenbesitzer auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent: Elefanten räubern und zertrampeln die mühevoll gezogene Obst- und Gemüseernte. Der Klimawandel und die Zerstörung natürlicher Lebensräume dürften das Problem weiter verschärfen: Auf der Suche nach Essbarem schrecken die Rüsseltiere immer weniger vor menschlichen Siedlungen und Anbauflächen zurück. Dadurch haben von Plünderungen betroffene Bauern nur wenig Verständnis für „Elefanten-Schutzmaßnahmen“, oder sie üben sogar Vergeltung an den Tieren. Bisherige Versuche, die Dickhäuter mit Gräben, Bienenstöcken oder etwa Warnschüssen von Feldern fernzuhalten, erwiesen sich als wenig wirksam oder kostspielig. Teilweise gewöhnten sich die Elefanten an die Abwehrmaßnahmen und blieben bald unbeeindruckt.

Doch jetzt zeigt eine Studie in „Conservation Science and Practice“ eine Lösung des Konflikts zwischen Mensch und Elefant auf. „Elefanten sind sehr olfaktorisch orientierte Tiere – daher könnten negative, angstbesetzte Gerüche der Schlüssel sein, um sie dauerhaft von Feldern fernzuhalten“, erklärt Dr. Omer Nevo, Biologe am Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik der Universität Ulm. Der Hauptfeind des größten Landtiers ist nicht schwer auszumachen: In ihrem natürlichen Lebensraum fürchten Elefanten vor allem Raubkatzen wie Löwen und Tiger. „Wir vermuten, dass mit solchen Raubtieren verbundene Gerüche wie deren Ausscheidungen oder verrottendes Fleisch eines typischen Beutetiers Angstreaktionen bei den Elefanten auslösen und sie zum Rückzug bewegen“, ergänzt der Ulmer Experte für chemische Kommunikation, Professor Manfred Ayasse.

Elefant

Elefant soll ein Duftrohr übersteigen

Durchführung des Experiments

Die Forschenden um Erstautorin Dr. Kim Valenta überprüften diese Hypothese anhand von fünf halbzahmen Elefanten, die in einem südafrikanischen Reservat leben. Dazu gaben sie Baumwollfäden, die verschiedene Geruchsstoffe angenommen hatten, in ein perforiertes PVC-Rohr. Neben Löwenkot setzten die Biologinnen und Biologen Fäkalien von Geparden, Hunden oder auch Giraffen als Kontrollen ein. Schließlich wurde das mit jeweils einem Geruchsstoff angereicherte PVC-Rohr so auf einen Weg platziert, dass die Elefanten nicht zur Seite ausweichen konnten und dieses Hindernis passieren mussten.

Mit Rufen oder kleinen Belohnungen versuchten Pfleger aus dem Reservat die Tiere zum Übertritt des Rohrs zu bewegen. Die Reaktionen auf den Löwenkot-Geruch waren eindeutig: Ein männlicher Elefant stieg sofort aus dem Experiment aus und zwei andere Dickhäuter zeigten ebenfalls ein starkes Vermeidungsverhalten. Selbst saftige Orangen konnten sie nicht davon überzeugen, das „Duftrohr“ zu übersteigen.

Elefanten in Südafrika
Probanden des Verhaltensexperiments in Südafrika

Im Labor hatten die Forschenden zuvor die Bestandteile des Löwenkots analysiert und Phenol sowie Indol als besonders charakteristisch identifiziert. Eine Wiederholung des Verhaltensexperiments mit dem PVC- Rohr belegte die Wirkung der Chemikalien. Elefanten reagierten ebenso abwehrend auf diese Komponenten wie auf den Löwenkot selbst.

Bei wildlebenden Artgenossen dürfte die Aversion sogar noch ausgeprägter sein. Der Vorteil: Phenol und Indol sind frei verkäuflich und kostengünstig. Ihr Einsatz am Rand von Feldern oder Plantagen könnte Elefantenraubzüge also nachhaltig verhindern. Die Forschenden glauben sogar, dass das natürliche Repellent auch gegen asiatische Elefanten wirksam ist: Im Kot dort heimischer Tiger sind nämlich ebenfalls Phenol und Indol enthalten.

Die Verhaltensexperimente sind in einem „Game reserve“ in der südafrikanischen Provinz Limpopo durchgeführt worden („Adventures with elephants facility“). Die Forschenden von den Universitäten Ulm (Jena), Florida und von der UC Santa Barbara wurden von ihren jeweiligen Einrichtungen und der DFG gefördert.

Text: Annika Bingmann

Fotos: Melissa H. Schmitt