Hin­ter den Ku­lis­sen der Hoch­schul­fi­nan­zie­rung

Dr. Bruno Rehm: Zwischen Excel-Tabellen und Dezemberfieber

Die Hochschulfinanzierung ist aktuell wieder ein großes Thema. Doch wer sind die Menschen, die tagtäglich die Einnahmen und Ausgaben der Universität Ulm verwalten? Dr. Bruno Rehm leitet die Abteilung IV-3 Finanzbuchhaltung, Kasse & Steuern und kennt sich bestens aus mit Jahresabschluss, Wirtschaftsprüfern und dem alljährlichen „Dezemberfieber“.

Dem Buchhalterklischee mit Hornbrille, Strickpullunder und Taschenrechner entspricht Dr. Bruno Rehm so gar nicht. Das ist auch kein Wunder, denn der gebürtige Allgäuer ist eigentlich promovierter Physiker: 1983 hat er sein Studium an der Universität Ulm aufgenommen und anschließend eine Doktorarbeit über flüssigkristalline Mischungen erfolgreich abgeschlossen. „Nach der Promotion wollte ich eigentlich in der Forschung und Entwicklung arbeiten, doch 1994 war der Arbeitsmarkt für Physiker sehr schwierig.
Daher habe ich zunächst im Rechenzentrum der Uni Ulm angefangen und die EDV der Verwaltung betreut“, erinnert sich Rehm.

Schon damals waren viele Arbeitsverträge an der Universität befristet – und so war der junge Familienvater erleichtert, als er eine Dauerstelle im Finanzdezernat angeboten bekam. Zwar war Bruno Rehm weder Verwaltungswirt noch ausgebildeter Buchhalter, doch als Physiker konnte er mit Zahlen umgehen und arbeitete sich schnell ins Finanzwesen ein. Dabei ist sein wissenschaftlicher Hintergrund bis heute kein Nachteil: „Ich habe oft eine etwas andere Denkweise als ein klassischer Verwaltungswirt. Im Gespräch mit Kollegen können wir so beide Seiten beleuchten und  kommen eventuell zu neuen Lösungen“, beschreibt der 56-Jährige.

Dr. Bruno Rehm
Dr. Bruno Rehm

Vom Quereinsteiger zum Finanzexperten

Über die Jahre hat sich Bruno Rehm im Dezernat IV-Finanzen zum Excel- und SAP-Experten gemausert. Er engagierte sich ab 1999 bei der Einführung des Finanzcontrollings ("HISCOB") und wirkte maßgeblich bei der Umstellung auf kaufmännische Buchführung über "SAP-CO" mit. Für Bruno Rehm wichtige Themen waren in der Folgezeit: Trennungsrechnung, Vorkostenkalkulation und Vollkostenrechnung. Im Jahr 2017 übernahm er die Abteilungsleitung der Finanzbuchhaltung.

Laut Uni-Webseite kümmert sich diese Abteilung um „Grundsatzfragen im Kassen- und Rechnungswesen, um die Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben mit der Landesoberkasse sowie um Finanzbuchhaltung“. Ganz praktisch verbuchen Rehm und seine 15 Mitarbeitenden so ziemlich alle Rechnungen, die an der Universität Ulm anfallen – von Bestellungen der Institute über Reisekosten bis zur Mittelanforderungen von Drittmitteln in Zusammenarbeit mit Abteilung IV-2. „Seit 2007 buchen wir an der Universität kaufmännisch, nutzen also die doppelte Buchführung. Aber da das Ministerium noch die Kameralistik anwendet, müssen wir immer beide Buchführungsarten darstellen“, erklärt Bruno Rehm. Dass die Abteilung dabei extrem sorgfältig arbeiten muss, versteht sich von selbst: Zum einen handelt es sich um Steuergelder und zum anderen müssen Wirtschafts und Steuerprüfer die Vorgänge nachvollziehen können. Für diese regelmäßigen Besucher der Universitätsverwaltung ist Bruno Rehm oft der erste Ansprechpartner.

Zahlenliste

Das Jahresende ist stressig

Und so wird es für Rehm und seine Mitarbeitenden noch einmal richtig stressig, wenn anderswo die Adventszeit eingeläutet und Weihnachtsfeiern vorbereitet werden: Der Jahresabschluss steht an und zudem lässt der Ausbruch des „Dezemberfiebers“ nicht lange auf sich warten. „In Instituten und Einrichtungen hält sich hartnäckig der Glaube, dass das Jahresbudget im Dezember bis auf den letzten Cent aufgebraucht werden muss. Also erhalten wir im Dezember doppelt so viele Rechnungen wie im Jahresmittel und müssen die Beträge bis Weihnachten zur Zahlung anweisen“, so Rehm, der ausdrücklich betont, dass nicht verbrauchte Mittel im Folgejahr ganz einfach wieder beantragt werden können. „Gerade zu Jahresende machen wir oft massig Überstunden und bekommen manchmal doch den Ärger der Institute zu spüren. Dabei liegen Verzögerungen meist nicht an der Motivation der Mitarbeitenden, sondern an den Rahmenbedingungen.“ Um Abläufe noch effizienter zu machen und um die Umwelt zu schonen, arbeitet Rehm derzeit an der Einführung der elektronischen Rechnungsverarbeitung.

Und was bekommt der Abteilungsleiter von der unzureichenden Hochschulfinanzierung mit? „Im Wirtschaftsplan und Jahresabschluss sehe ich natürlich die Finanzierungslücken. Die Raumnot an der Uni spüren wir am eigenen Leib, denn die Abteilung sitzt über den halben Campus verstreut – vom Verwaltungsgebäude auf drei Stockwerken bis in die Uni-Bibliothek“, so Rehm. Durch regen Telefon- und Mailkontakt sowie mindestens monatliche Abteilungsbesprechungen versucht er, die Mitarbeitenden auf dem aktuellen Stand zu halten.

Obwohl Bruno Rehm eigentlich forschen wollte, bezeichnet der „sein Geschäft“ mittlerweile fast als Hobby in einem interessanten Umfeld. Täglich pendelt er mit dem Öffentlichen Nahverkehr aus Wullenstetten, wo er mit Familie und Katze wohnt, an die Universität. Wartezeiten verkürzt er sich besonders gerne mit der Lektüre der Science Fiction-Serie „Perry Rhodan“. Ganz Zahlenmensch weiß Bruno Rehm zu berichten, dass er fast alle 3032 Bände gelesen hat. Und so scheint der Physiker in der Bücherwelt einen Ausgleich zur Zahlenwelt gefunden zu haben.

Text: Annika Bingmann

Fotos: Elvira Eberhardt, 123RF/chirawan Somsanuk