Alle unter einem Dach!

Ein eigenes Haus für die Ulmer Traumaforschung

Zwischen Hans-Krebs-Weg und Helmholtzstraße wächst auf dem Uni-Campus ein neues Gebäude in die Höhe. Seit Anfang 2021 entsteht inmitten der Wissenschaftsstadt ein gemeinsames Haus für die Ulmer Traumaforschung. Der rund 73 Millionen Euro teure Neubau „Multidimensionale Trauma-Wissenschaften“ (MTW) wurde vom Bund mitgefördert – es ist die bisher höchste Summe, die für einen Forschungsbau von überregionaler Bedeutung und besonderer wissenschaftlicher Qualität in Baden-Württemberg bewilligt worden ist. Der Wissenschaftsrat bewertete 2019 den Antrag als „herausragend“.

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In nicht allzu ferner Zukunft werden hier mehr als 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fächerübergreifenden Fragestellungen zur körpereigenen Gefahrenantwort und zur Regeneration nach Trauma nachgehen. Dabei betrachten die Forschenden das Trauma »multidimensional«: das heißt vom einzelnen Molekül bis hin zu den gesellschaftlichen Auswirkungen, über die gesamte Lebensspanne hinweg und im Wechselspiel zwischen körperlichem und seelischem Trauma. Wichtige Grundlagen für die Forschung im MTW werden im Zentrum für Traumaforschung (ZTF) und dem Sonderforschungsbereich (SFB) 1149 »Gefahrenantwort, Störfaktoren und regeneratives Potenzial nach akutem Trauma« gelegt, der Ende 2022 für eine dritte Förderperiode verlängert wurde.

Ziel der Forschung ist es, innovative und passgenaue Diagnostik- und Therapiemethoden für Traumapatientinnen und -patienten zu entwickeln. »Bei unseren Forschungsvorhaben betrachten wir mögliche ›Störfaktoren‹ wie Vorerkrankungen oder das Lebensalter der Patientinnen und Patienten, denn diese können die körpereigene Reaktion auf Traumata erheblich beeinflussen«, erklären Gründungsdirektor Professor Markus Huber-Lang und die stellvertretende Gründungsdirektorin Professorin Anita Ignatius.

Neubau der Superlative

Für ihre Forschung werden den rund 20 Instituten und interdisziplinären Arbeitsgruppen, die das MTW beherbergen wird, auf fünf Ebenen mehr als 5000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen. Das Gebäude bietet neben Büros, Seminar- und Besprechungsräumen speziell ausgestattete Forschungsflächen. Dazu zählen biomedizinische und systembiologische Labore der Sicherheitsstufe 2, ein Bildgebungszentrum, eine Biobank sowie ein klinisches Studienzentrum. Für die Gestaltung konnte das renommierte Architekturbüro Heinle Wischer aus Stuttgart gewonnen werden, das sich unter anderem mit Bauten für Bildung und Forschung einen Namen gemacht hat.

Um Störungen der Knochen- und Wundheilung besser behandeln zu können, arbeiten die Forscherinnen und Forscher unter anderem an therapeutischen Ansätzen mit Stammzellen. Außerdem suchen sie neue Biomarker für organspezifische Störungen nach Traumata und untersuchen veränderte Nervenzellverschaltungen beim Schädel-Hirn-Trauma. Als ein Schwerpunkt sollen im MTW-Gebäude Entzündungsreaktionen und Veränderungen der körpereigenen Mikroorganismen bei Traumapatientinnen und -patienten untersucht werden. Mit der Traumatoxikologie wird ein Forschungsbereich geschaffen, der sich mit der Entstehung von Giften durch Bakterien nach schweren Verletzungen und deren Hemmung beschäftigt. Auch die molekularen Wechselwirkungen zwischen körperlichen und seelischen Traumata sollen Forschungsgegenstand im MTW werden. Zukünftig gewinnt zudem die Verbindung der Traumawissenschaften zur Peptid-, Tumor-, Neurodegenerations- und Alternsforschung an Bedeutung.

Blick auf die Baustelle im MTW-Gebäude
Innenansicht eines Gebäudes, in dem verschiedene Personengruppen sitzen, stehen oder sich unterhalten

Besondere Zusammenarbeit

Das Besondere der Ulmer Traumaforschung ist die intensive Zusammenarbeit scheinbar weit entfernter Disziplinen wie Unfallchirurgie, Biochemie, Genetik, Innere Medizin und Psychiatrie. Diese soll sich insbesondere in der räumlichen Gestaltung des MTW-Gebäudes ausdrücken: Gut platziert fördern Begegnungs- und Kommunikationszonen den fächerübergreifenden Austausch der Forschenden. Auch die Natur wurde einbezogen: Ein begrünter Innenhof und die in einen natürlichen Hügel eingebettete Eingangstreppe nehmen die Blickachse zum Botanischen Garten auf. Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und recyclebare Baumaterialien minimieren den CO₂-Fußabdruck des Gebäudes.

Betreut wird die anspruchsvolle Großbaustelle vom Amt Ulm für Vermögen und Bau Baden-Württemberg. »Hier entsteht ein Forschungsgebäude der Superlative. Allein schon durch den Namen ›Multidimensionale Traumawissenschaften‹ wird die Interdisziplinarität des Gebäudes sichtbar. Neben dem klassischen Aufbau mit Laborflächen gibt es viele Begegnungs- und Kommunikationsflächen. Davon sollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler später profitieren – von Begegnung und Kommunikation, die dann zur Kollaboration wird«, sagt Amtsleiter Tilmann Häcker, der die Baustelle im vergangenen Oktober von seinem Vorgänger übernommen hat.

Ein großer Vorteil des Standorts inmitten des Uni-Campus ist die Nähe zu den Kliniken, den naturwissenschaftlichen Instituten sowie zu weiteren Gesundheitseinrichtungen in der Ulmer Wissenschaftsstadt. »Die Bewilligung des Traumaforschungsneubaus durch den Wissenschaftsrat unterstreicht die nationale und internationale Bedeutung der Traumaforschung in Ulm. Er stellt einen wichtigen Grundstein für die Fortführung dieser Forschung zum besseren Verständnis der Traumakonsequenzen mit dem Ziel der Verbesserung der Behandlung von Patienten dar«, so Professor Thomas Wirth, Dekan der Medizinischen Fakultät.

Das Forschungsgebäude MTW soll 2025 bezogen werden. Der Bund übernimmt 50 Prozent der Gesamtbaukosten, den verbleibenden Anteil teilen sich das Land Baden-Württemberg und die Medizinische Fakultät der Universität Ulm.

Fakten und Zahlen zum MTW

· Name: Multidimensionale Trauma-Wissenschaften – MTW
· Nutzfläche: 5.413 m2
· Bauzeit: 2021 – 2025
· Gesamtbaukosten: 65,4 Mio. Euro
· Erstausstattung: Mehr als 7 Mio. Euro, davon Großgeräte: ca. 2,2 Mio. Euro
· Finanzierung: Bund (50 %), Land Baden-Württemberg (25 %) und Medizinische Fakultät der Universität Ulm (25 %)
· Entwurf / Planung: Heinle Wischer Freie Architekten, Stuttgart
· Bauleitung: Drees Sommer Baumanagement, Ulm i.A.v. Heinle Wischer Freie Architekten, Stuttgart
· Bauherr: Land Baden-Württemberg, vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Ulm

Text: Daniela Stang

Visualisierungen: Heinle Wischer Freie Architekten, Stuttgart

Drohnenaufnahmen: Manuel Keppler (VB-BW)

Fotos/Video: Daniela Stang