"Die Landesregierung hat allen Grund, der Quantenforschung den Rücken zu stärken", versichert Bauer. Die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg lobte an dem interdisziplinären und standortübergreifenden Forschungsverbund nicht nur die zukunftsweisende thematische Ausrichtung, sondern auch die hervorragende Nachwuchspolitik. "Zudem finden sich hier exzellente Forscherpersönlichkeiten von Weltrang, die bestens miteinander kooperieren", so die Ministerin. Die interdisziplinäre und standortübergreifende Zusammenarbeit bildet nicht nur das Herzstück des Zentrums, sondern stellt auch die Grundlage für die wissenschaftliche Weiterentwicklung dar. "Zur Vorbereitung auf die nächste Phase der Exzellenzinitiative arbeiten wir an einer landesweiten Allianz für Quantenwissenschaften. Und bei diesem Cluster soll auch der Technologietransfer nicht zu kurz kommen", betont Professor Bernhard Keimer vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Mittlerweile gäbe es auch enge Kontakte zur Industrie. Dr. Kilian Bilger von der Bosch GmbH - einer der Industriepartner des Forschungsverbundes - stellte heraus, dass gerade die Quantensensorik auf dem Sprung in die Anwendbarkeit ist. Der Technologiekonzern verspricht sich vor allem im Bereich E-Mobilität eine bessere Performance von der neuen Sensorengeneration.
Großes Interesse an der Arbeit des IQST und den neuen Quantentechnologien zeigten von politischer Seite aus auch Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner und die beiden Landtagsabgeordneten Jürgen Filius und Martin Rivoir. Begrüßt wurde die politische Prominenz vom scheidenden Universitätspräsident Professor Karl Joachim Ebeling, der sich sichtlich wohl fühlte im Kreise dieser "illustren Gesellschaft aus hochkarätigen Physikern".
Granularität auch als Chance betrachten
Eine Einführung in diese doch recht komplexe Materie gab dabei Professor Tilman Pfau. Der Leiter des 5. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart und Co-Direktor des Zentrums erläuterte dabei ein Grundprinzip der Miniaturisierung: die Granularität. "Man kann nicht alles unendlich verkleinern. Spätestens beim Atom oder Photon ist Schluss", erklärt der Physiker. Man dürfe die Granularität nicht als Grenze begreifen, sondern müsse sie auch als Chance sehen, die vieles erst möglich mache. Ob auf dem Gebiet der Quantensensorik, der Quantenmaterie oder der Quantenkommunikation. Doch müsse man dabei die Anwendbarkeit vor Augen haben. "Wir fördern aus strategischen Gründen ausschließlich Projekte an den Schnittstellen zwischen physikalischer Grundlagenforschung und anwendungsnahen Nachbarfächern wie den Ingenieurwissenschaften, der Biologie und Chemie sowie der Informatik", so Pfau.
IQST-Co-Direktor Professor Tommaso Calarco wies in diesem Zusammenhang auf die Rolle der EU-Förderung für die Positionierung im globalen Wettbewerb hin. So könne man darauf hoffen, dass die nächste Flagg-Schiff-Initiative der Europäischen Kommission, bei der es um Forschungsgelder in Milliardenhöhe geht, die Quantenforschung in den Mittelpunkt stelle. "Wir hoffen dabei auch auf die Unterstützung von EU-Kommissar Günther Oettinger und Bundesforschungsministerin Wanka", so der Leiter des Instituts für Komplexe Quantensysteme an der Universität Ulm. Für die Landesregierung sagte Theresia Bauer den Wissenschaftlern hier noch einmal ausdrückliche Rückendeckung zu.
Quantenforscher als trickreiche "Fallensteller"
Bei der anschließenden Laborbesichtigung im Institut für Quantenmaterie führten Professor Johannes Hecker Denschlag und seine Doktoranden die Landeswissenschaftsministerin und die anderen Besucher durch einige ausgewählte Experimente. Vorgeführt wurde dabei einer der weltweit ersten Versuchsaufbauten, der ultrakalte Atome und einzelne lasergekühlte Ionen zusammenbringt. Die Forscher erweisen sich dabei als trickreiche Fallensteller für diese "coolen" Ionen. "Diese sollen quasi als Lese- und Schreibkopf in einem optischen Gitter fungieren, um dort Quanteninformationen auszulesen", erläutert Hecker Denschlag den hochkomplexen apparativen Aufbau aus einer Vielzahl an Monitoren, Laserquellen und Kabelverbindungen.
Doch auch wenn die Quantenwissenschaften in den Labors zum Anfassen nah sind, so bleibt die Materie doch hochkomplex. Um den Technologietransfer zu verbessern, wünschen sich die Wissenschaftler von der Politik, die Quantenwissenschaften zum festen Bestandteil der ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung zu machen. Man werde diese Anregung gerne aufnehmen, bedankte sich Bauer und forderte die Forscher noch einmal dazu auf, der Politik regelmäßig Rückmeldung zu geben. Baden-Württemberg gehört bundes- und europaweit zu den führenden Regionen in der Quantenforschung. In Zukunft wird es darum gehen, wie man sich weltweit behaupten wird bei der Quantenrevolution 2.0. Die Startposition ist schon mal nicht schlecht.
Fotos: Rosa Grass
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann