Für das Gelingen der Energiewende und die flächendeckende Nutzung der Elektromobilität sind neue, hochleistungsfähige Batterien nötig. Doch bisher verlief die Erforschung neuer Materialien für solche Energiespeicher oft nach dem „trial and error“-Prinzip und wenig datenbasiert. Wie im Labor und am Computer generierte Forschungsdaten in der materialorientierten Festkörperphysik und -chemie effizient analysiert, gespeichert und geteilt werden können, ergründet das nun bewilligte Konsortium FAIRmat unter Federführung der HU Berlin. Professor Axel Groß, Leiter des Instituts für Theoretische Chemie an der Universität Ulm, vertritt in diesem Netzwerk das Datenmanagement in der Batterieforschung. Somit erfolgt der Brückenschlag vom bundesweit einzigen Batterie-Exzellenzcluster POLiS zu FAIRmat als Teil der nationalen Forschungsdateninfrastruktur.
In der natur- und materialwissenschaftlichen Forschung fallen täglich „Datenberge“ an. Diese Datenflut nutzt allerdings wenig, wenn sie nicht langfristig gespeichert, analysiert und verfügbar gemacht wird. Den Weg zu einer neuen Forschungsdateninfrastruktur will das Konsortium FAIRmat ebnen. Ziel ist eine faire (findable – accessible – interoperable – reusable) Nutzung von Daten und deren wiederholte Aufbereitung mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Jetzt wurde das von der HU Berlin geleitete Netzwerk FAIRmat von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) in einem mehrstufigen Wettbewerb ausgewählt: Als Teil der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wird der Zusammenschluss von 34 Instituten für 5 Jahre gefördert. Insgesamt stehen für Projekte der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur für 10 Jahre bis zu 85 Millionen Euro pro Jahr von Bund und Ländern zur Verfügung.
Energie, Umwelt, Mobilität, IT und Gesundheit: Produkte aus diesen zukunftsträchtigen Bereichen sind auf optimierte Materialien angewiesen – daher stammen einige Anwendungsbeispiele des Konsortiums FAIRmat aus diesen Gebieten. Als stellvertretender Leiter einer solchen „Area“ und Sprecher des Aufgabenbereichs Batterien verantwortet der Ulmer Physiker Professor Axel Groß das Datenmanagement in der elektrochemischen Energieforschung. Somit verbindet der Sprecher des Exzellenzclusters „Post Lithium Storage“ (POLiS) Batterieforschung und Data Science im Netzwerk FAIRmat. Dieses national einzigartige Cluster haben das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Ulm, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) sowie weitere Partner bei der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder eingeworben.
Übergreifendes Forschungsdatenmanagement für den wissenschaftlichen Fortschritt
Die interdisziplinäre Entwicklung neuartiger Energiespeicher stellt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur im Exzellenzcluster POLiS vor Herausforderungen: Bei den unterschiedlichen Forschungsschritten – von der Synthese über die experimentelle Material-Charakterisierung bis zur Modellierung auf atomarer Ebene – werden unzählige Daten zusammengetragen. Allerdings sprechen nicht alle Forschenden die gleiche Fachsprache, weshalb „Datenschätze“ verloren gehen können. „Nur die Verbindung von Daten aus Theorie, Experiment und Materialprüfung führt zu einem wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt: Wir brauchen keine unabhängigen Einzeldaten, sondern ein übergreifendes Forschungsdatenmanagement“, erklärt Professor Groß. Daher sind vor allem batteriespezifische Algorithmen zur Datenanalyse und Deskriptoren für Batteriematerialien Ziele dieses Anwendungsbereichs. Dazu kommt das Data Flow-Management: Aus bereits gesammelten Daten sollen möglichst automatisiert neue Ergebnisse und Erkenntnisse abgeleitet werden.
Insgesamt verbindet FAIRmat den etablierten Ulmer Schwerpunkt Batterieforschung mit dem neuen Bereich Data Science. Die Datenwissenschaften vertritt auf Ulmer Seite Professor Stefan Wesner, Leiter des Instituts für Organisation und Management von Informationssystemen. Der Direktor des Kommunikations- und Informationszentrums (kiz) ist ebenfalls Mitglied des FAIRmat Konsortiums und bringt dort seine Expertise auf dem Gebiet „digitale Infrastrukturen“ ein. Hier ist Wesner Co-Leiter des Bereichs "Connectivity“. „Über alle Anwendungsgebiete hinweg nimmt die Bedeutung von Daten zu. Neben einer dafür ausgelegten Infrastruktur müssen die Prozesse zur Begleitung des gesamten Lebenszyklus der Daten etabliert werden. Erst dadurch können Daten gefunden, eindeutig referenziert und in weiteren Forschungsvorhaben oder Projekten genutzt werden“, resümiert Professor Wesner.
Partner im FAIRmat-Konsortium
Neben der federführenden HU Berlin sind auch das Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ), das Max Planck Institute for Chemical Energy Conversion (MPI CEC), das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (FHI), die Technische Universität München (TUM), das Karlsruher Institut für Technology (KIT) und der FAIR-DI e.V. an dem Konsortium FAIRmat beteiligt.
Text und Medienkontakt: Annika Bingmann