Sie stecken in Smartphones, Notebooks und Tablets, aber auch im E-Bike und im Elektroauto: Lithium-Ionen-Akkus. Doch Lithium ist knapp, und die Leistungsfähigkeit dieser Batteriesysteme so gut wie ausgeschöpft. Neue Materialien und Technologien zur elektrochemischen Energiespeicherung und -wandlung sind daher weltweit gefragt. "Auf der Suche nach der Batterie der Zukunft forschen wir in Ulm an der Entwicklung sogenannter Post-Lithium-Systeme, bei denen alternative Materialien als Ionenträger eingesetzt werden", erklärt Professor Axel Groß. Der Leiter des Instituts für Theoretische Chemie war zu Gast bei der Jubiläumsvortragsreihe der Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG) in der Kundenhalle des neuen Sparkassengebäudes.
Groß, der auch am Helmholtz-Institut für Elektrochemische Energiespeicherung (HIU) forscht, sprach dort über die Chancen und Herausforderungen bei der Entwicklung neuartiger Batteriesysteme. Und stieß trotz des technisch durchaus anspruchsvollen Themas auf reges Interesse beim Publikum. Die neue "gute Stube" der Sparkasse Ulm war so gut wie voll besetzt. Das Kreditinstitut unterstützt die von UUG-Geschäftsführer Dietrich Engmann federführend koordinierten Vorträge seit vielen Jahren.
Bei seinem Einblick in die Arbeit der Ulmer Batterieforschung stellte Professor Axel Groß auf gut verständliche Weise die grundsätzlichen Aspekte der Forschung in den Vordergrund. Welche Anforderungen müssen an die neuen Materialien gestellt werden, die als Elektroden und Elektrolyte zum Einsatz kommen? Schließlich müssen diese höchste Spannungen aushalten. Sie sollten beim Laden und Entladen ihr Volumen nicht ändern, und auch nicht zur sogenannten Dendritenbildung neigen. "Wenn sich an den Elektroden im Laufe der Zeit durch Ablagerungen nadelförmige Fortsätze bilden und diese mit dem Gegenpolin Kontakt kommen , kann dies zu gefährlichen Kurzschlüssen führen", erläuterte der Wissenschaftler. Explodierende Akkus seien nicht nur ein Sicherheitsproblem, diese hätten auch dramatische wirtschaftliche Konsequenzen - wie die durch schadhafte Smartphone-Akkus verursachten Milliardenverluste bei Samsung zeigten. Doch der Physiker vergaß dabei nicht zu erwähnen, dass die Risiken althergebrachter Energiespeicher wie Benzin alles andere als unbeträchtlich seien. "Wissen Sie, wie viele Autos in Deutschland jeden Tag in Flammen aufgehen?", fragte er ins Publikum, und schickte die Antwort gleich hinterher: mehr als 40. Laut Statistik gibt es in Deutschland rund 15 000 Fahrzeugbrände im Jahr.
Ähnliche gute Energiespeicher wie Benzin sind Lithium-Luft-Batterien
"Benzin ist ein hervorragender Energiespeicher. Ähnlich hohe Speicherkapazitäten haben Lithium-Luft-Batterien", so Groß. Doch ein Problem ist ihre geringe Stabilität: Sie erlauben momentan nicht mehr als zehn Lade- und Entladevorgänge, während moderne Li-Ionen Batterien bis zu 30 000-mal ohne großen Kapazitätsverlust geladen werden können. Eine weitere Herausforderung ist allgemein die Volumenänderung der Elektroden beim Laden und Entladen von Batterien. Silizium zum Beispiel ist im Prinzip ein vielversprechendes Elektrodenmaterial, allerdings verdreifacht sich dessen Volumen beim Ladevorgang. Für die Industrie macht das den Einsatz problematisch. "Die Grundlagenforschung ist aber hartnäckiger und kann langfristiger arbeiten. So gibt es mittlerweile auch ein passendes Verpackungsdesign, das man der Natur abgeschaut hat", sagt der Referent und zeigt dabei die Abbildung eines Granatapfels; ein kompaktes Verbundsystem mit einer Vielzahl ausdehnungsfähiger Speicherkammern.
Nach einem Überblick über die elektrochemischen Eigenschaften alternativer Speichermaterialen wie Natrium, Magnesium, Aluminium oder Chlor, die in Post-Li-Systemen als Ionenträger zum Einsatz kommen könnten, stellte Professor Axel Groß die wichtigsten Ulmer Akteure auf dem Feld der elektrochemischen Energiespeicherung und -wandlung vor. Die Ulmer Wissenschaftsstadt bietet hier ein unvergleichliches Umfeld für die Erforschung neuartiger Batterien und Brennstoffzellen. Neben der Universität mit ihrer langen Tradition in der Elektrochemie gehören dazu das Helmholtz-Institut Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung (HIU), das Kompetenzzentrum Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) sowie das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW). Gemeinsam decken sie das gesamte wissenschaftliche Spektrum ab - von der Grundlagenforschung auf atomarer und molekularer Ebene bis hin zum Transfer von Laborerkenntnissen in Fertigungsprozesse nach industriellem Maßstab.
Der heutige Erfolg ist einem besonderen historischen Umstand geschuldet
Bereits bei der Begrüßung hatte Universitätspräsident Professor Michael Weber darauf hingewiesen, wie entscheidend für die heutigen Forschungserfolge der historische Umstand war, dass die Ulmer den Glauben an die Elektrochemie in den 90-er Jahren nicht aufgegeben hätten. Der Hausherr und Vorstandsvorsitzender der Ulmer Sparkasse, Manfred Oster, hatte zu Beginn der Veranstaltung betont, wie wichtig die Uni für die erfolgreiche Entwicklung von Stadt und Region ist und ließ es sich nicht nehmen, der Universität Ulm drei Wochen vor dem Gründungstag zu ihrem 50. Jubiläum zu gratulieren: "Ich wünsche mir, dass uns die Universität um viele Generationen überlebt."
Die UUG-Vortragsreihe "Wissen erleben" eine Brücke von der Uni in die Stadt: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen ihre Forschung allgemeinverständlich vor. In den nächsten Vorträgen im Jubiläumsjahr geht es um Diamanten in der Quantentechnologie sowie um die moderne Diagnostik und Behandlung von Leukämien.
Text und Bild: Andrea Weber-Tuckermann