Willi-Kühne-Vorlesungen
Die Anerkennung durch das Kultusministerium, welche das Ulmer Neuromuskuläre Zentrum (NMZU) zur bisher einzigen kooperativen, fest installierten Institution für Forschung und Versorgung von Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen in Deutschland macht, wurde 1993 mit einem Symposium gefeiert, zu dem der Nobelpreisträger Andrew F. Huxley aus London teilnahm. Mit seinen Arbeiten auf den Gebieten der Zellerregung und auch der Muskelkontraktion war er doppelt geeignet, Pate zu stehen bei einer Institution, welche Erregungsstörungen der Muskulatur zu einem Hauptanliegen gemacht hatte. A. F. Huxley hielt bei dieser Gelegenheit die erste Willi-Kühne-Vorlesung, welche - nach dem Entdecker des Muskeleiweißes Myosin benannt - in lockerer Folge einer Reihe von berühmten Forschern Gelegenheit bieten sollte, ihre Erkenntnisse in Ulm darzulegen.
Seither wurden insgesamt fünf Willi-Kühne-Vorlesungen gehalten worden: die zweite von Prof. Wilhelm Hasselbach aus Heidelberg, dem Entdecker des „relaxing factors“ in der Muskulatur. Seine Vorlesung fand 1995 anlässlich eines internationalen Symposiums über „Calcium Signalling in Muscle“ statt und hatte ebenfalls unmittelbaren Bezug zur Ulmer Forschung, denn bei diesem Symposium wurde das "Deutsche Register für Maligne Hyperthermie und verwandte Narkosekomplikationen" eröffnet, welches Menschen erfasst, bei denen unter Umständen der relaxing factor außer Kontrolle gerät.
Auch die weiteren Willi-Kühne-Vorlesungen wurden bei in Ulm veranstalteten Kongressen gehalten: die dritte 1997 von Prof. Kevin Campbell aus Iowa City, dem Entdecker mehrerer bei Muskeldystrophien fehlenden Eiweiße, anlässlich des 13. Kongress des Wissenschaftlichen Beirates der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Muskelkranke, in Verbindung mit einem internationalen Symposium über "Calcium and Muscle Disease". Und die vierte von Prof. Toshio Yanagida aus Osaka, dem Erfinder der in molekularen Kraftmessung an einzelnen Querbrücken in der Muskelzelle. Diese Vorlesung fand im Jahr 2000 statt, als der 79. Deutsche Physiologenkongress nach Ulm vergeben worden war.
Die fünfte Willi-Kühne-Vorlesung wurde schließlich 2011 anlässlich des 20. Kongresses des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke in Ulm gehalten: Prof. Gertjan van Ommen, Genetiker aus Leiden berichtete über die Gentherapie bei Duchenne Muskeldystrophie, eine Methode, von der nicht nur Muskelpatienten sich in naher Zukunft einen Durchbruch erhoffen.
Im Rahmen der Gründungsfeier des ZSE Ulm wurde am 21.06.2012 die sechste Willi-Kühne Vorlesung mit dem Titel "US Research on Rare Diseases" von Steven Groft, NIH gehalten. Die siebte Vorlesung fand am 28.07.2014 statt. Hierfür präsentierte Frau Luisa Politano (Neapel) einen sehr gelungenen Vortrag zu "Dystrophinopathies".