29.05.2015 - Talk of Prof. Dr. Edgar Brunner

Ulm University

"Stichprobenplanung für allgemeine Rang-Tests"

Abstract:

Für parametrische Verfahren existieren seit langer Zeit etablierte Verfahren zur
Berechnung des notwendigen Stichprobenumfangs, um eine relevante Alternative mit
einem parametrischen Test zum Niveau α mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit
β aufzudecken. Für den bekanntesten Rangtest, den Wilcoxon-Mann-Whitney
(WMW) Test, wurde erst von Noether (1987) unter Annahme von stetigen
Verteilungen eine Approximation für den benötigten Stichprobenumfang angegeben.
Bei Rangverfahren besteht die besondere Schwierigkeit zur Berechnung der Power
darin, dass sich unter einer Alternativen die Varianz der Rangstatistik ändert. Noether
hatte zur Vereinfachung angenommen, dass die Varianz der WMW-Statistik unter
Hypothese und Alternative gleich ist. Ferner ist die Einschränkung auf stetige
Verteilungen (Daten ohne Bindungen) eine restriktive Annahme, die insbesondere bei
geordnet kategorialen Daten (z.B. Graduierungsskalen) nicht erfüllt ist.
Daher wurden in den folgenden Jahren speziell für solche Daten Verfahren zur
Berechnung des notwendigen Stichprobenumfangs entwickelt. Dabei wurden die
Verfahren entweder auf spezielle Modelle eingeschränkt oder basierten auf
komplizierten Approximationen oder setzten ebenfalls voraus, dass die Varianz der
WMW-Statistik unter Hypothese und Alternative gleich ist. Erst Tang (2012) gelang
es, ein Verfahren anzugeben, das diese Annahme nicht benötigt und die Varianz
unter der Alternativen für geordnet kategoriale Daten exakt ausrechnet. Allerdings ist
die Anwendung dieses Verfahrens auf andere Arten von Daten, z.B. Zähldaten oder
Daten ohne Bindungen nur sehr umständlich anzuwenden.
Ziel dieses Vortrags ist es,

  1. ein allgemeines Verfahren zur Berechnung des notwendigen Stichprobenumfangs vorzustellen, dass nicht nur für den WMW Test und beliebige Arten von Daten (stetige metrische Daten, Zähldaten, geordnet kategoriale Daten) anwendbar ist, sondern auch für andere Rangverfahren angewendet werden kann (z.B. Akritas, Arnold und Brunner, 1997, Akritas und Brunner, 1997, Brunner und Munzel, 2000, Brunner und Puri, 2001, Brunner, Domhof und Langer, 2002),
  2. aus dem Datensatz der Vorinformation die Alternative aufgrund einer intuitiven und anschaulichen Vorgabe eines relevanten Effektes zu bestimmen,
  3. die Möglichkeit einer konservativen Schätzung des notwendigen Stichprobenumfangs bei einem vermuteten Prozentsatz von fehlenden Werten anzubieten,
  4. bei Rangverfahren für Repeated Measures die Unsicherheit der Korrelation zwischen den Messwerten zu berücksichtigen.

Dabei können die letzten beiden Punkte in einer verblindeten Neu-Schätzung des
benötigten Stichprobenumfangs während der Laufzeit der Studie berücksichtigt
werden.
Das Verfahren beruht auf der Verwendung der Hàjek-Projektion (asymptotisch
äquivalente Statistik von unabhängigen Zufallsvariablen) im Gegensatz zu der bisher
in der neueren Literatur verendeten Methode, die WMW-Statistik als U-Statistik
darzustellen. Die Anwendung dieser Methode auf allgemeinere Rangstatistiken ist
sehr umständlich, falls überhaupt möglich. Daher bietet sich hier die Methode der
Hájek-Projektion an, die konstruktiv über den asymptotischen Äquivalenz-Satz
bestimmt werden kann. Zur Berechnung der Varianzen der Rangstatistik unter
Hypothese und Alternative werden zwei einfache Tricks verwendet:

  • a) die Umkehrung des bekannten Tricks, „die Verteilung von beobachteten Daten (Vorinformation) als theoretische Verteilung anzusehen“ (Seber, 2008, p.433) und dann deren Momente einfach über die empirischen Daten auszurechnen,
  • b) die Verwendung der Placement-Technik (Orban und Wolfe, 1982; Brunner und

Munzel, 2000) zur Berechnung der Momente der theoretischen Verteilungen.
Bei der Auswertung und Diskussion der Beispiele und der Berücksichtigung der
Ungenauigkeit der Vorinformation sowie der konservativen Abschätzung im Fall von
fehlenden Werten ergeben sich einige überraschende Ergebnisse, die ich hier nicht
verraten möchte. Kommen Sie einfach zum Vortrag, falls Sie das Thema interessiert.