Mein Auslandsaufenthalt im Master Mathematik führte mich nach Valencia, Spanien, und es war eine unvergessliche Erfahrung.
Die Entscheidung für Spanien fiel mir leicht, da ich neben Deutsch und Englisch nur ein wenig Spanisch spreche und mich sprachlich nicht völlig „ins kalte Wasser werfen“ wollte.
Die Bewerbung an der Universität Ulm war unkompliziert. In der Internationalen Woche an der Uni habe ich mich umfassend informiert und bereits in derselben Woche meine Bewerbung eingereicht. Nach der Zusage wurde ich direkt an der Universität Valencia angenommen. Das gesamte Bewerbungsverfahren sowie das Einreichen der erforderlichen Dokumente gestalteten sich problemlos, solange man sich an die
Vorgaben im Mobility Online hält.
Da Spanien Teil der EU ist, war kein Visum erforderlich. Meine Krankenversicherung deckte dank der europaweit gültigen Gesundheitskarte auch Spanien ab, sodass ich keine zusätzliche Versicherung benötigte. Meine deutsche Haftpflichtversicherung war ebenfalls im Ausland gültig. Vor Ort konnte ich fast überall mit Karte zahlen, wobei ich hauptsächlich die Debitkarte der DKB nutzte, die ohne Probleme funktionierte. Für einige wenige Zahlungen, wie die Universitätsgebühr von 7 €, war allerdings eine Kreditkarte erforderlich.
Das Erstellen des Learning Agreements war unkompliziert, da alle Kurse auf der Webseite der Universität Valencia gut zu finden sind. Im Sommersemester gibt es jedoch keine Kurse auf Englisch, was die Kurswahl für Nicht-Spanischsprachige erschwert. Ich habe „Métodos Numéricos Avanzados“ besucht, wo ich meine Aufgaben auf Englisch einreichen durfte, was nur dank des freundlichen Professors möglich war. Ohne gute Spanischkenntnisse kann das Studium in Valencia jedoch herausfordernd sein, da viele Kurse nur auf Spanisch oder Valencianisch angeboten werden. Ich habe auch „Harmonic Analysis“ belegt, einen Kurs, der auf Spanisch unterrichtet wurde, bei dem ich aber die Option hatte, meine Aufgaben auf Englisch zu lösen.
Es bestand außerdem die Möglichkeit, bis zu 40 % der Leistungspunkte in Kursen außerhalb der Mathematik-Fakultät zu erwerben. Daher habe ich zusätzlich einen Kurs am Economics Campus auf Englisch belegt. Diese Kurse sind jedoch vorrangig für Studierende vorgesehen, die am jeweiligen Campus eingeschrieben sind, weshalb ein Platz in den Vorlesungen nicht garantiert ist. Das Studiensekretariat der Universität Valencia war jedoch sehr hilfsbereit und unterstützte mich bei der Suche nach einem passenden und verfügbaren Kurs.
Während meines Aufenthalts habe ich auch am Sprachzentrum der Universität einen Spanischkurs besucht, den man sich in Ulm als ASQ anrechnen lassen kann. Dieser Kurs hat mir sehr geholfen, mich im Alltag besser zurechtzufinden. Die Universität bietet viele Kurse, aber man muss beachten, dass manche Kurse auf Valencianisch gehalten werden, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt.
Die Mathematik-Fakultät befindet sich in Burjassot, etwas außerhalb von Valencia, ist aber mit der Metro gut erreichbar. Trotzdem würde ich empfehlen, in Valencia selbst zu wohnen, da man sonst nicht viel vom Erasmus-Leben mitbekommt. Meine Wohnung habe ich über „WG gesucht“ gefunden und ich war mit der Lage sehr zufrieden. Die dreier-WG, die ich gefunden habe, war perfekt für ein Erasmus-Semester. Es gibt zwar viele Agenturen, die bei der Wohnungsvermittlung helfen, allerdings sollte man vorsichtig sein, um nicht auf einen Betrug hereinzufallen. Ich hatte mit meiner WG Glück, da der Vermieter ein Deutscher war und alles bereits im Voraus durch einen Mietvertrag geregelt wurde. Es gibt aber durchaus Studierende, die erst vor Ort eine Unterkunft suchen und erfolgreich fündig werden. Falls man die Wohnung nicht vorab besichtigen kann, empfehle ich dringend, sich die Wohnung per Videocall zeigen zu lassen oder Kontakt zu ehemaligen Bewohnern aufzunehmen, um Betrug vorzubeugen.
In meiner Zeit in Valencia habe ich viel erlebt, sei es bei den verschiedenen Erasmus-Events, beim Salsa- und Bachata-Tanzen in Bars oder bei den vielen kulturellen Angeboten, die die Stadt bietet. Besonders die Fallas im März sind ein Highlight, bei denen es zahlreiche Umzüge, Blumenopfer und Feuerwerke gibt. Das Wetter in Valencia war meistens gut, auch wenn es im Februar und März noch etwas kühler war. Erst Ende Mai und Anfang Juni wurde es richtig warm. Insgesamt ist das Leben in Spanien günstiger als in Deutschland, aber die Erasmus-Förderung allein reicht oft nicht aus, um alle Aktivitäten und Reisen abzudecken. Daher würde ich empfehlen, etwas Geld anzusparen, um auch wirklich die zahlreichen Möglichkeiten nutzen zu können, die Valencia bietet.
Eine praktische Möglichkeit, sich in Valencia fortzubewegen, ist das Valebisi-System, das eine Flotte von Mietfahrrädern überall in der Stadt verteilt bereitstellt. Für etwa 29 Euro kann man ein Jahresabo erwerben, das unbegrenzte Fahrten von bis zu 30 Minuten
pro Nutzung umfasst. Bei längeren Fahrten fallen zusätzliche Gebühren an. Ich habe das persönlich sehr häufig genutzt und kann es sehr empfehlen. Zusätzlich können unter 30-Jährige in Valencia kostenlose Verkehrsmittel nutzen, indem sie die "Valencia Transport Card" beantragen. Um die Karte zu bekommen, muss man vorab einen Termin bei der Webseite Metrovalencia vereinbaren. Mit dieser Karte kann man kostenlos mit der U-Bahn und den Bussen fahren, was perfekt ist, um die Stadt zu erkunden aber auch um die Uni in Burjassot zu erreichen. Das hat meinen Aufenthalt in Valencia um einiges günstiger gestaltet!
Die spanischen Studierenden waren in meinen Kursen etwas zurückhaltend, aber es gab einige Gelegenheiten, neue Leute kennenzulernen, zum Beispiel bei den Uni-Partys oder den zahlreichen Sportangeboten der Universität. Ich habe einen Yoga-Kurs besucht und war im Uni-Fitnessstudio, was ich beides sehr empfehlen kann.
In meiner Freizeit habe ich viele Ausflüge unternommen, teils organisiert von Happy Erasmus oder ESN, teils auf eigene Faust. Eine 10-tägige Busreise nach Marokko über die Osterferien organisiert durch Happy Erasmus war ein besonderes Highlight. Da dort
fast ausschließlich Erasmus Studenten aus Valencia teilnahmen war dies ebenfalls eine gute Gelegenheit andere Erasmus Studenten außerhalb des eigenen Studiengangs kennenzulernen und es sind dort viele gute Freundschaften entstanden.
Auch viele nahegelegene Orte wie Gandía, Buñol oder Alicante sind absolut sehenswert. Mit einem Renfe-Ticket, das nur 10 € kostet und für drei Monate gültig ist, konnte ich viele umliegende Städte erkunden. Ein besonderer Tipp ist die Höhle Sant Josep in
Passeig de les Grutes, die mit einem Mietwagen leicht zu erreichen ist.
In Valencia gibt es viele Sehenswürdigkeiten. Der Turia Park ist perfekt für Spaziergänge, Radtouren und Picknicks und ersteckt sich fast durch die ganze Stadt. Direkt daneben liegt der Club Umbracle, den ich allein wegen der tollen Beleuchtung echt empfehlen
kann – auch für diejenigen, die nicht so gerne feiern gehen. Die Kathedrale und der Turm El Miguelete bieten einen schönen Blick über die Stadt. Auch die Torres de Serranos, alte Stadttore, sind ein Besuch wert. Der Mercado Central ist ein guter Ort, um lokale
Spezialitäten zu probieren. Es gibt zahlreiche Erasmus-Veranstaltungen, darunter Tanzkurse, Kochabende und Sprach-Tandems. Aufgrund der Fülle an Aktivitäten ist es nahezu unmöglich, alle Angebote wahrzunehmen.
Da die Vorlesungszeiten in Spanien und Deutschland nicht übereinstimmen, endet das Semester in Spanien bereits im Juni, sodass noch ausreichend Zeit bleibt, bevor das Semester in Ulm wieder beginnt. Die Zeit nach meinem Erasmus-Aufenthalt habe ich
genutzt, um weiter durch Spanien zu reisen und schließlich 30 Tage lang den Jakobsweg an der Küste im Norden Spaniens zu laufen. Dies kann ich ebenfalls sehr empfehlen, da es eine budgetfreundliche Möglichkeit ist, das Land und die Menschen besser
kennenzulernen und das erlernte Spanisch aktiv anzuwenden. Zudem bietet sich diese Zeit hervorragend an, um sich selbst persönlich weiterzuentwickeln.
Fazit:
Ich kann ein Erasmus-Semester in Valencia absolut empfehlen. Die Stadt ist wie gemacht für Erasmus-Studierende, mit einer Vielzahl an Aktivitäten und einem großartigen Gemeinschaftsgefühl. Es ist wichtig, sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen, alles mitzumachen, sondern die Zeit zu genießen und das zu tun, was einem selbst Spaß macht. Jeder erlebt sein Erasmus anders, und es ist eine unglaublich schöne Zeit, in der man Menschen aus aller Welt kennenlernen kann. Ich rate jedem, die Zeit zu genießen, sich auf die Kultur einzulassen und offen für neue Erfahrungen zu sein.
Viel Spaß und alles Gute!
Jasmin