Ulmer Kolloquium für Wirtschafts- und Steuerrecht
Haften deutsche Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen im Ausland?

Ulm University

Kann ein deutsches Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden, wenn Angestellte eines ausländischen Zulieferers unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten und womöglich gesundheitliche Schäden erleiden? Diese Frage steht im Zentrum des 12. Ulmer Kolloquiums für Wirtschafts- und Steuerrecht am 7. Dezember. Anlass ist auch ein Prozess am Dortmunder Landgericht: Eine Gruppe geschädigter Pakistani verklagt einen deutschen Textildiscounter auf Schadensersatz. Die Kläger haben Angehörige bei einem verheerenden Brand in einer Textilfabrik verloren oder sie leiden selbst unter den Folgen des Unglücks. Hauptabnehmer der dort hergestellten Textilien war der beklagte Discounter. Das laufende Verfahren offenbart viele Unklarheiten: Sind deutsche Gerichte in solchen Fällen überhaupt zuständig? Und wie steht es mit der moralischen Verantwortung hiesiger Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen bei ausländischen Zulieferern?

Beim Ulmer Kolloquium für Wirtschafts- und Steuerrecht erörtert Professor Marc-Philippe Weller von der Universität Heidelberg juristische Aspekte des Falls. Dabei beleuchtet er auch die rechtlichen Rahmenbedingungen im Ausland. Denn der Dortmunder Prozess ist keine Ausnahme: Nigerianische Bauern verklagten den Konzern Shell wegen leckgeschlagener Ölleitungen und ein kanadisches Unternehmen soll für den Einsturz des Fabrikgebäudes „Rana Plaza“ in Bangladesch haften.
Die Ulmer „Nachhaltigkeitsforscher“ Professor Martin Müller und Professor Franz Josef Radermacher vertreten hingegen die rechtspolitische Seite. Die Wissenschaftler stellen nicht nur die vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedeten Prinzipien für Wirtschafts- und Menschenrechte vor. Auch Vor- und Nachteile internationaler Haftungsregeln stehen zur Debatte. Denn abseits von Moral und Verantwortung könnten solche Regeln ärmere Länder, die auf Großkunden aus dem Ausland angewiesen sind, in ihrer Entwicklung zurückwerfen.

Regelmäßig werden aktuelle juristische und rechtspolitische Fragen beim Ulmer Kolloquium für Wirtschafts- und Steuerrecht diskutiert. Gastgeber der Reihe sind das Ulmer Forum für Wirtschaftswissenschaften (UFW) und die Universität Ulm, vertreten durch Professor Heribert Anzinger vom Institut für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung.


12. Ulmer Kolloquium für Wirtschafts- und Steuerrecht
Donnerstag, 7. Dezember

18:15 Uhr
Museumsgesellschaft Ulm – Oberer Saal
Neue Straße 85
89073 Ulm


Referenten im Überblick:

Prof. Dr. Marc-Philippe Weller
Institut für internationales und ausländisches Privat- und Wirtschaftsrecht
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Prof. Dr. Martin Müller
Institut für Nachhaltige Unternehmensführung
Universität Ulm

Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher
Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz
Universität Ulm, Mitglied des Club of Rome

 

Text und Medienkontakt: Annika Bingmann

Prof. Heribert Anzinger (Foto: Elvira Eberhardt)