Bestimmungsübungen
Apiaceae
K 5 C 5 A 5 G unterständig (2)
ca. 3000 Species, ca. 300 Gattungen, Verbreitung kosmopolitisch
Die Apiaceae oder Umbelliferae sind in der Regel einjährige oder ausdauernde Kräuter. Nur in wenigen Fällen werden verholzte Stämme ausgebildet, so bei der neotropischen Myrrhidendron donnell-smithii oder bei dem strauchförmigen Bupleurum fruticosum. Die Blätter sind überwiegend geteilt, das heißt fiederspaltig oder zusammengesetzt, wenngleich vereinzelt auch einfache Blätter vorkommen (Hydrocotyle [von einigen Autoren als Hydrocotylaceae abgegliedert], Bupleurum). Die Pflanzen bilden typischerweise in Nodien und hohle Internodien gegliederte Sprosse und Blätter mit großen Blattscheiden aus. Häufig sind die Stengel grob behaart.
Die Blütenstände sind familientypisch, auch wenn sie in anderen Familien vielfach vorkommen, und führten ob ihres (beinahe) durchgehenden Vorkommens sogar zu deren Namen Umbelliferae, die Doldenträger. Eine Dolde ist ein Blütenstand, bei dem die Blütenstiele aus einem gemeinsamen Punkt entspringen, die Länge der Blütenstiele jedoch so gestaltet ist, daß alle Blüten in einer Ebene zu liegen kommen. Die äußeren Blüten besitzen somit einen längeren Stiel als die inneren. Die Tragblätter umgeben den Insertionspunkt als Hülle, bei zusammengesetzten Dolden, bei der jeder primäre Stiel eine weitere Dolde, jetzt als Döldchen bezeichnet, trägt, folgt darauf das Hüllchen. Bei Astrantia (Sterndolde) mit einer einfachen Dolde oder bei Bupleurum (Hasenohr) sind die Hüll- bzw. Hüllchenblätter auffallend weiß bzw. gelb gefärbt. Normalerweise sind diese Tragblätter aber grün oder hinfällig. Eine Ausnahme bildet Eryngium (Mannstreu), das keine Dolden, sondern ovale Köpfchen mit sitzenden Blüten besitzt.
Die zwittrigen Blüten sind oft proterandrisch, so daß die männliche Phase beendet ist, wenn die weibliche einsetzt. Der fünfzählige Kelch ist oft klein oder reduziert. Die 5 Blütenblätter sind vielfach gespalten und mit einer nach innen umgebogenen Spitze zwischen den beiden Kronblattzipfeln versehen. Die 5 Stamina sind frei und inserieren am Rand des Diskus. Dieser Diskus schließt den unterständigen Fruchtknoten nach oben hin ab und hat nektarsekretorische Funktion. Er wird auch als Griffelpolster bezeichnet, weil die beiden Griffel auf dem Diskus ansetzen. Das zweiblättrige, unterständige Gynoeceum ist coeno-synkarp. In jedem Loculament (Samenfach) hängt jedoch nur eine (anatrope) Samenanlage. Als Frucht wird eine trockene Spaltfrucht entwickelt. Hierbei verwachsen Frucht- und Samenschale miteinander. Die beiden Fruchtblätter lösen sich während der Fruchtreife an ihrer Verwachsungsnaht voneinander und werden von einem sogenannten Karpophor (Fruchtträger) gehalten. Es handelt sich bei dieser Struktur um einen in Achsenrichtung verlaufenden Sclerenchymstrang, der sich seinerseits am distalen Ende spaltet und so an jedem Ast eine Teilfrucht trägt. Da durch die Verwachsung von Perikarp (Fruchtschale) und Testa (Samenschale) die selben Verhältnisse wie bei der Asteraceen vorliegen, spricht man auch von einer Spaltachäne. Zwischen Diskus und Frucht kann ein verlängerter Abschnitt vorhanden sein, den man als Schnabel bezeichnet. Bei Scandix pecten-veneris (Venuskamm) ist dieser Schnabel besonders lang. Die Teilfrüchte tragen an ihren Flanken charakteristische Rippen. In den 5 Hauptrippen verlaufen die Leitbündel. In den Tälchen dazwischen können Nebenrippen verlaufen, vor allem liegen hier in den 4 Tälchen und den beiden Seiten der Fugenflächen jedoch die 6 schizogenen Sekretgänge. Sie enthalten meist ätherisches Öl und sind für den Gebrauch zahlreicher Früchte als Gewürze verantwortlich. Hier sind zu nennen: Coriandrum sativum (Koriander), Cuminum cyminum (Kreuzkümmel), Carum carvi (Kümmel) oder Pimpinella anisum (Anis).
Daneben kommen als Nutzpflanzen Gemüse (Daucus carota [Möhre, Name wegen dunkel-roter Zentralblüte], Pastinaca sativa [Pastinak] beide als Hackfrüchte von globaler Bedeutung) und weitere Gewürze vor, von denen die Blätter verwendet werden (Foeniculum vulgare [Fenchel], Levisticum officinale [Liebstöckel] oder Petroselinum crispum [Petersilie]).
Neben den bereits erwähnten ätherischen Ölen, die vielfach auch die Ursache für die offizinelle Verwendung z. B. als Secretolyticum oder Diureticum darstellen, sind weitere interessante Wirkstoffgruppen innerhalb dieser Familie anzutreffen:
Cumarinverbindungen:
Sie wirken vor allem als Fraßschutz gegen Insekten, sind für die photosensibilisierenden Wirkungen (Hautirritationen) verantwortlich und besitzen Bedeutung als Therapeutikum bei Erkrankungen der coronaren Herzgefäße.
Sesquiterpenlactone:
Isoprenverbindungen mit Lactonen (innere Ester von Hydroxycarbonsäuren)
Polyacetylenverbindungen:
Coniin
Sie sind verantwortlich für die Toxizität verschiedener Apiaceen-Species. In Cicuta virosa (Wasserschierling) sind es Polyiine (Aliphaten mit mehreren Dreifachbindungen). Das Coniin des Gefleckten Schierlings (Conium maculatum) ist ein Alkaloid, das im Schierlingsbecher Socrates' traurige Berühmtheit erlangte.
Alkylphtalide sind schließlich für den maggiartigen Geruch von Levisticum und anderer Arten verantwortlich.
Normalerweise werden drei Unterfamilien unterschieden. Hydrocotyloideae (Stipeln, kein Karpophor), Saniculoideae (exstipulat, Endokarp weich, Diskus ringförmig, kopfförmig verdickte Narben) und Apioideae (exstipulat, Endokarp weich, Narben auf flachem Diskus).
© 1997 Bernhard Schmidt