"Eine Professur war schon immer mein Ziel", sagt Dr. Stefanie Rinderle-Ma, Privatdozentin im Institut für Datenbanken und Informationssysteme der Universität Ulm und freut sich. Denn das Ziel ist in Sicht: Im Januar übernimmt sie den Lehrstuhl für "Workflow Systems" an der traditionsreichen Universität Wien, gerade mal zehn Monate nach ihrer Habilitation.
Das allein wäre so ungewöhnlich nicht. Aber: Einen zweiten Ruf hat die junge Wissenschaftlerin, im Juli 33 geworden, bereits abgelehnt. An die Freie Universität Berlin übrigens, auch keine ganz unbekannte Adresse. Und noch etwas: Die Informatikerin, die ursprünglich Wirtschaftsmathematik studiert hatte, arbeitet an ihrer Bilderbuch-Karriere mit zwei kleinen Kindern.
"Das war nicht immer ganz einfach", räumt die junge Mutter ein, "aber es geht". Auch dank der Uni-eigenen Kindertagesstätte. "Ganz toll" sei diese, vorteilhaft überdies die Nähe zum Institut. Gleichwohl mitunter keine ausreichende Lösung: "Dann ist eben der Ehemann gefragt", Doktorand derzeit in der Medieninformatik ("eine große Unterstützung"), und ab und an seien es auch die Großeltern oder die Geschwister. Jedenfalls weiß die Gleichstellungsbeauftragte der Fakultät um die Problematik ihrer Aufgabe. Um das Defizit an Frauen in den mathematisch-technischen Fächern ebenfalls. Und um die Schwierigkeit, Mädchen für diese zu begeistern. "Wir haben es mit Schülerinnen-Projekten versucht, aber selbst mit dem Leistungskurs einer zwölften Klasse war es ein Fehlschlag", bedauert Rinderle-Ma.
Gründe? "Vielleicht liegt es an der späteren Vereinbarkeit von Beruf und Familie", mutmaßt die Wissenschaftlerin, "vielleicht ist es auch ein Image-Problem".
Nicht indes für sie selbst. "Ich habe mich immer sehr für Mathematik interessiert", erzählt die gebürtige Allgäuerin, die in Augsburg studiert und unmittelbar nach dem Diplom in Ulm ("das hat thematisch sehr gut gepasst") mit der Promotion begonnen hat. Schon in ihrer Diplom-Arbeit nämlich hatte sie sich mit dem Bereich Datenbanken und Informationssysteme beschäftigt. "Ein zukunftsträchtiges Thema", wie sie frühzeitig erkannt hat, "insofern war der Wechsel nach Ulm absolut richtig". Außerdem: "Auch menschlich ist die Truppe in Ordnung, bietet ein inspirierendes Umfeld, werden junge Forscher nach Kräften unterstützt." Mit der Möglichkeit zu wertvollen Forschungsaufenthalten unter anderem, von denen auch sie als Postdoc profitiert habe: Jeweils drei Monate Twente (Niederlande) und Ottawa (Kanada), ein Monat im holländischen Eindhoven.
Im Zentrum ihrer Arbeit stets das Kernthema des seit vielen Jahren auch international wahrgenommenen Instituts: Die Prozessmanagement-Technologie, die Entwicklung vertrauenswürdiger, sicherer Systeme. Software mit dem Ziel, Geschäftsprozesse unterschiedlicher Art elektronisch zu unterstützen. Ein wichtiger Faktor dabei, so Stefanie Rinderle-Ma: "Flexibel zu bleiben, damit die Menschen nicht zu sehr in ein Korsett gezwängt werden." Einen wichtigen Schritt auf dazu hat sie in ihrer Dissertation beim Direktor des Instituts, Professor Peter Dadam, bearbeitet, die Evolution von Prozessen nämlich. Denn: Die Prozesse, die unterstützt werden sollen, müssen zuvor exakt beschrieben werden. "Auch was passiert, wenn sich die Beschreibung ändert, durch neue Gesetze etwa oder durch Optimieren von Vorgängen", beschreibt sie ihr spezielles Thema, "summa cum laude" bewertet und 2006 mit dem Promotionspreis der Ulmer Universitätsgesellschaft ausgezeichnet, inzwischen zudem für den Dissertationspreis der Gesellschaft für Informatik nominiert.
Ferner stehen für die junge Informatikerin einige weitere Auszeichnungen zu Buche, die sie gemeinsam mit Dadam und dessen Stellvertreter im Institut, Professor Manfred Reichert, erhalten hat, darunter der Merckle-Forschungspreis im Vorjahr. Wobei die beiden frühen Rufe wohl vorrangig auf anderen Faktoren basieren: Eine eindrucksvolle Publikationsliste, Zeitschriftenartikel und Konferenzbeiträge insbesondere, aber auch Bücher respektive Monographien. Nicht zu vergessen die Mitarbeit in zahlreichen internationalen Programmkomittees.
"Die Ablehnung des Berliner Rufes hat mir leid getan", gesteht die gefragte Wissenschaftlerin, "aber er kam später als das Angebot aus Wien". Zudem treffe die Aufgabe ("das wird eine spannende Arbeit") in der österreichischen Hauptstadt "noch eher meinen Schwerpunkt". Auch deswegen freue sie sich auf Wien, "eine Stadt mit hoher Lebensqualität". Allerdings: "Ich gehe auch mit einem weinenden Auge und gemischten Gefühlen." Und sie sei "dankbar dafür, dass ich mich hier so gut entwickeln konnte". Auch deswegen wolle sie die Ulmer Uni-Informatik nicht ohne Empfehlung verlassen. "Hier zu studieren lohnt sich", ist die designierte Lehrstuhlinhaberin überzeugt, "das Niveau ist sehr gut, das angebotene Spektrum enorm breit, jedoch auch anspruchsvoll". Ihr Rat: "Eine gute Mathe-Basis ist unverzichtbar."
Weitere Informationen: Frau Dr. Stefanie Rinderle-Ma, Tel. 0731/50-24 229
(Willi Baur, Pressestelle Universität Ulm)