Ulmer Informatiker arbeiten an der Entwicklung von Software-Werkzeugen, die das auf Künstliche Intelligenz (KI) gestützte Portfoliomanagement von Wertpapieren effizienter und transparenter machen soll. Das mit gut 100 000 Euro ausgestattete Ulmer Projekt STOQS ist Teil des Eurostars-Verbundprojektes ALTO, das von der Europäischen Union und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 1,2 Millionen Euro gefördert wird. Geleitet wird das Forschungs- und Technologie-Transfer-Projekt vom polnischen Unternehmen „AI Investments Ltd“.
Wer mit Aktien oder Wertpapieren hantiert, hat zumeist ein Interesse daran, Risiken zu minimieren und langfristige Gewinne zu erzielen. Ob für Privatkunden, Banken oder Kapitalanlagegesellschaften: die Kunst besteht darin, den Wertpapierbestand geschickt zusammenzustellen und zu verwalten. Beim Portfolio-Management, so der Fachbegriff dafür, unterstützen immer mehr digitale Helfer. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz werden Finanzdaten wie Zeitreihen in großem Umfang gesammelt, aufbereitet und auf bestimmte Anlagekriterien hin ausgewertet. Doch wie arbeiten diese automatisierten Investitionssysteme? Wie kommen sie zu ihren Ergebnissen und wie zuverlässig beziehungsweise fehleranfällig sind die eingesetzten KI-Werkzeuge? Die Europäische Union und das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützen im Rahmen der Förderlinie „Eurostars“ ein Verbundprojekt zur Entwicklung einer Software-Plattform, mit deren Hilfe das Portfoliomanagement für Wertpapiere optimiert werden soll. An dem Forschungs- und Technologie-Transfer-Projekt beteiligt sind neben den Universitäten Ulm und Oslo die Firmen InBestMe (Spanien) und AI Investments (Polen), die beide auf die Entwicklung von KI-Plattformen für den Finanzbereich spezialisiert sind.
Innovative Software soll die Datenqualität verbessern und den Einsatz der KI einfacher machen
„Unsere Aufgabe besteht darin, innovative Software-Komponenten für die Verarbeitung von Zeitreihen-Daten zu entwickeln. Damit wollen wir vor allem die Qualität der Daten messen und die Nachverfolgbarkeit der Ergebnisse verbessern. Weitere Ziele sind es, Nutzung und Einsatz der KI einfacher und flexibler zu machen“, erklärt Dr. Jörg Domaschka. Der Wissenschaftler vom Institut für Organisation und Management von Informationssystemen an der Universität Ulm leitet das Teilprojekt STOQS; die Abkürzung steht übrigens für „Simple Timeseries Objective Quality Measurement Stack“. Außerdem kümmern sich die Ulmer um eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme von bereits bestehenden Ansätzen zur Sammlung, Aufbereitung und Verarbeitung von Messwerten aus Zeitserien.
Die Herausforderung für ein erfolgreiches Wertpapier-Management besteht letztendlich darin, diese mit Wirtschaftsdaten zu Markt- und Kursentwicklungen in Beziehung zu setzen und daraus Prognosen für die Entwicklung von Aktienkursen und anderen Finanzdaten abzuleiten. Automatisierte Investmentsysteme, die in diesem Bereich unterstützen sollen, arbeiten in der Regel KI-unterstützt. Dabei kommen zumeist Künstliche Neuronale Netze zum Einsatz, wie sie im Bereich „Machine Learning“ gebräuchlich sind. „Doch bislang werden solche Künstlichen Neuronalen Netze nach dem ‚trial and error‘-Verfahren genutzt. Der Trainings- und Adaptionsaufwand ist entsprechend groß und sehr aufwändig“, so Mark Leznik, der in diesem Projekt am Institut promoviert. Die Kunst wird vor allem darin bestehen, die entscheidenden Parameter zu identifizieren und die Algorithmen so zu programmieren, dass sie sich automatisch optimieren.
Es geht hier um die zeitkritische Verarbeitung sehr großer Datenmengen
An den Börsen und Finanzmärkten werden Millionen an Wertpapieren und Finanzprodukten gehandelt. Hier den Überblick zu behalten, ist schwierig. Gerade auch für den Einsatz künstlicher Intelligenz ist dies eine Herausforderung: „Es geht hier um die skalierbare und zeitkritische Verarbeitung sehr großer Datenmengen“, erklärt Domaschka. Zur Aufbereitung und Verarbeitung der Daten werden daher Big Data-Verfahren eingesetzt. Um die Qualität der Ergebnisse der KI-Investment-Systeme zu prüfen, wollen die Ulmer Forscher entsprechende Validierungsszenarien und Re-Kalibrierungsmechanismen entwickeln. Diese sollen dabei helfen, Analysen zu prüfen und Prognose-Prozesse zu überwachen. Am Markt getestet wird die neue Software dann mit Hilfe der Projektpartner aus der Wirtschaft. Und natürlich sollen die Ergebnisse auch wissenschaftlich verwertet und national sowie international veröffentlicht werden. Bis die Forscher am Ziel sind, wird es allerdings noch dauern, ist das zweijährige Projekt doch kürzlich erst gestartet.
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann