Oliver Schnell
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Preisverleihung Kooperationspreis Wissenschaft-Wirtschaft 2022
Anlässlich des Festaktes zum Dies academicus der Universität Ulm am 03.02.2023 wurden die Kooperationspreise Wissenschaft-Wirtschaft des Jahres 2022 verliehen.
Die Preisträger und Ihre Projekte:
1. Johannes Neukäufer/Prof. Dr.-Ing. Thomas Grützner, Institut für Chemieingenieurwesen für die Kooperation mit der Firma BASF SE, Ludwigshafen
Die Auszeichnung erfolgte in Würdigung der Entwicklung effizienter und ressourcenschonender Teststände zum Scale-Up von Destillationskolonnen durch den Einsatz von 3D-Druck in Kombination mit numerischen Strömungssimulationen.
In einer mehr als zweijährigen Kooperation mit BASF SE konnten Teststände zum Scale-Up von Destillationskolonnen (Stofftrennung, Aufreinigung, etc.) durch den Einsatz von 3D-Druck, komplexer CFD-Simulationen und ultra-präzisen Laboranlagen deutlich verbessert werden. Dadurch konnten die Durchmesser präziser Labordestillationsanlagen, die für die sichere Auslegung großtechnischer Anlagen unabdingbar sind, drastisch verringert werden. Die Querschnittsfläche der Laborkolonnen konnten bei gleichbleibender Performance um 84% reduziert werden. Damit konnte der Chemikalienbedarf für Laborversuche im selben Maß reduziert werden, was den Entwicklungsprozess erheblich beschleunigt, die Sicherheit erhöht und zu großen Kosteneinsparungen bei der Prozessentwicklung und dem Scale-Up führt. Das Institut für Chemieingenieurwesen, speziell die Arbeitsgruppe von Prof. Grützner ist eine der wenigen Gruppen, die in diesem Bereich forscht. Die Entwicklung wurde zum Patent angemeldet und führte zu einem großen Wettbewerbsvorteil für BASF SE. Durch die Kooperation konnten Drittmitteleinnahmen von bisher 234.000 € eingeworben werden. Das Projekt wurde verlängert, um die Leistungsfähigkeit der Einbauten weiter zu steigern. In die Kooperation einbezogen ist auch eine Arbeitsgruppe der TU München. Während der Projektarbeit entstanden zahlreiche wissenschaftliche Publikationen in namhaften Journals und auf Konferenzen in Form von Poster- oder Präsentationsbeiträgen.
2. Prof. Dr. Karin Scharffetter-Kochanek, Klinik für Dermatologie und Allergologie für die Kooperation mit den Firmen TICEBA GmbH Heidelberg und RHEACELL GmbH & Co. KG, Heidelberg
Die Auszeichnung erfolgte in Würdigung der Arbeiten zur Charakterisierung von ABCB5-positiven mesenchymalen Stammzellen der Haut und zur Entwicklung eines stammzellbasierten Produkts (AMESANAR) für die Indikation von chronischen, nicht heilenden Wunden.
In einer mehr als 15 Jahre dauernden Kooperation mit den Firmen TICEBA GmbH und RHEACELL GmbH & Co. KG (Ausgründung aus Fa. TICEBA) konnte – basierend auf Arbeiten zur Charakterisierung von ABCB5-positiven mesenchymalen Stammzellen in der Klinik für Dermatologie und Allergologie - ein mesenchymales Stammzell-basiertes Produkt (AMESANAR) für die Indikation der chronisch, nicht heilenden Wunden (Regenerierung von Bindegewebe) entwickelt und in den Markt eingeführt werden. Mesenchymale Stammzellen wirken dabei immunmodulatorisch und haben in der Therapieforschung einen hohen Stellenwert. Das Paul Ehrlich-Institut hat dieses Produkt als erstes Produkt in Deutschland für diese Indikation zugelassen. Es ist gelungen, eine Subpopulation von mesenchymalen Stammzellen der Haut zu isolieren, zu vermehren, mit präklinischen Tiermodellen eine chronische Wunde zu untersuchen und die Ergebnisse in die Klinik zu translatieren. Die Wundheilung konnte zu 75-80% verbessert werden. Der Beitrag der Klinik für Dermatologie und Allergologie lag in mechanistischen Untersuchungen und in der Einsicht in die Pathogenese von chronisch venösen Ulcera, die auch wesentlich für die Zulassung des Produkts waren. Die Kooperationspartner haben die Isolierung und Anreicherung in ein GMP-gerechtes Ver-fahren, die Produktion der AcBc5-positiven mesenchymalen Stammzellen zur Entstehung des gemeinsam entwickelten Produkts vorangetrieben. Das durch die Zusammenarbeit entstandene vertiefte Verständnis der Wirkweise von mesenchymalen Stammzellen bei chronischen Wunden des alten Menschen und nach Traumata stärkt das Profil der Universität Ulm u.a. in zwei SFBs. Aus der Kooperation sind der Klinik für Dermatologie und Allergologie bislang ca. 1,1 Mio. € an Drittmitteln durch die beteiligten zugeflossen. Insgesamt sind 8 gemeinsame Publikationen aus der Kooperation hervorgegangen.
3. Prof. Dr. Maurits Ortmanns/Dr. Joachim Becker/Stefan Reich, Institut für Mikroelektronik Kooperation mit der Fa. Cortec Freiburg
Die Auszeichnung erfolgte in Würdigung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an integrierten Schaltungen zur Realisierung eines aktiven Implantatsystems zur Neuromodulation.
Das Projekt basiert auf einer mehr als 10-jährigen Kooperation des Instituts für Mikroelektronik mit der Fa. CorTec, Freiburg im Bereich der Implantationselektronik/Sensorik. Das Institut für Mikroelektronik leistete Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Realisierung eines aktiven Implantatsystems „Brain-Interchange One“ der Fa. CorTec. Elektronik-Systeme in aktiven Implantaten bieten Therapiemöglichkeiten für unterschiedliche Krankheitsbilder. Deren wirtschaftliche und gesundheitspolitische Bedeutung ist enorm. Im vorliegenden Projekt steht die Behandlung von Depressionen im Fokus. Bis zu 1/3 der Patient*innen sprechen nicht auf die konventionellen pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten an. Als Alternative können Tiefenhirnstimulationen unter Verwendung von Neuromodulatoren eingesetzt werden. Die bislang im klinischen Kontext verwendeten Neuromodulationssysteme stimulieren weitgehend mit konstanter Frequenz an fest ausgesuchten Elektrodenkontakten und Einstellungen können nur vom behandelnden Arzt verändert werden. Ansonsten sind diese im Alltag nicht adaptiv. „Brain-Interchange One“ soll eine adaptive Stimulation ermöglichen, wobei zuverlässig Depression verhindert und gleichzeitig natürliche emotionale Schwankungen zugelassen werden. Das zu entwickelnde Brain Interchange System umfasst alle Komponenten, die zur elektrischen Verbindung des biologischen, neuronalen Systems mit externen Informationstechnologien benötigt werden. Es realisiert einen Informationsaustausch und ermöglicht eine Stimulation des Nervensystems. Mit dem System ist eine Anpassung der Therapie an den aktuellen Bedarf möglich. Im Zuge der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten konnten gemeinsame BMBF-geförderte Projekte eingeworben werden. Insgesamt wurden Drittmittel von 912.000 € bewilligt. Aus der Kooperation sind mehrere Promotionen entstanden. Von den Doktoranden wurden zahlreiche Facharbeiten in hochkarätigen Konferenzen und Journalen des Fachgebiets publiziert, u.a. mit Co-Autorenschaften der Fa. CorTec. Ebenfalls wurden aus der Kooperation mehrere Erfindungen als Patente eingereicht. Aufgrund des hohen Marktpotentials hat die Fa. CorTec einen Zulassungsantrag für eine erste klinische Studie für einen Einsatz des „Brain Interchange One“ am Men-schen eingereicht; eine humane Implantation steht danach unmittelbar bevor.