Zu Besuch bei „Den Lille Havfrue“ in Koebenhavn (10.8. - 24.8.2012)

 

Entgegen allen Wetterheulsusen: Wir haben einen sonnigen, warmen, windreichen nordischen Spätsommer erlebt. Ausgangspunkt unseres Törns war  am 10.8.2012 ein Besuch der  HANSE SAIL in Rostock/Warnemünde. Dann über die Mecklenburger Bucht nach Dänemark, Falster (Gedser), Mön (Klintholm), Sjaeland (Roedvig) zum Sund (Kopenhagen) und auf dem Rückweg über den Grönsund (Stubbeköbing) Rund Falster zum Guldborgsund (Guldborg, Nyköbing). Die Kombination von niedrigem Wasserstand (Pegel unter Mittelwasser), Einfluss des Winds auf den Wasserstand und unser relativ großer Tiefgang (1,95 m) machten uns vorsichtig und  so verzichteten wir auf die reizvolle Passage sowohl des Bögeström wie auf das letzte Stück des Guldborgsunds südlich von Nyköbing.

Da wir unser Schiff „TIMPETU“, eine neue BAVARIA 36 im Olympiahafen Hohe Düne in Warnemünde erst einen Tag später übernehmen konnten, mieteten wir uns für eine Nacht inmitten des Treibens der Hanse Sail und der Traditionsschiffe im Rostocker Hafen auf der  Dufour 50 Classic Segelyacht GRAND CRU (http://www.gcincentive.de/)  ein, wo uns der ungewöhnlich gastfreundliche Eigner Heino und Andrea  mit Originallivemusik an Bord, echter kuscheliger Daunen-Bettdecke samt Handtuch, Seife, einer Tafel Schokolade von Maser Roth und einem Fläschchen Rotwein J.P. Chenet Cabernet-Syrah auf dem Kopfkissen und am nächsten Morgen mit einem überreichlichen, ausgezeichneten Frühstück verwöhnt haben. Ein viel versprechender Auftakt neben dem Besuch der Attraktionen der Hanse Sail. Natürlich vergaßen wir nicht die Einkehr in der Traditionskneipe KOGGE zu einer wohlschmeckenden Soljanka.

Am Sonntag legten wir bei  Sonne und mäßigem Wind aus NO in Warnemünde-Hohe Düne ab. Bei der Überfahrt nach Falster querten wir das viel befahrene Verkehrstrennungsgebiet Kadet Rende und sichteten zu unserer Freude eine Gruppe Tümmler. Gedser ist ein netter und gepflegter Hafen, der Fährort selbst bietet keine Höhepunkte.

Zur Weiterfahrt nach Mön (Klintholm) waren Winde bis 4 und leider aus Ost angesagt, die sich allerdings sehr gesteigert und zu einer recht hohen Welle geführt haben. Trotz stabilisierender gereffter Segel forderte dies auch unfreiwillige Opfer zugunsten der Fische. Nach 43 sm kamen wir in Klintholm  bei ansprechender Infrastruktur gut unter und genossen als „Anlegeschluck“ einen  Trollinger „Meersburger Sängerhalde“.

Nach einer ruhigen Nacht frischte der Wind wieder auf und wir hatten etwas Mühe, unter stark gerefften Segeln die Steilküste von Mön zu runden (Kapeffekt) und gegen einen 5er Wind aus Nordost und die aus dem freien Seeraum anrauschenden hohen und vor allem steilen Wellen Roedvig auf Seeland  anzusteuern. Inzwischen waren uns aber „Seebeine gewachsen“ und weitere Opfer an die Fische nicht zu beklagen. In Roedvig gefiel es uns ausgesprochen gut. In der Fischerkneipe unmittelbar am Anlegeplatz genossen wir eine wohlschmeckende Fischplatte und ließen nach einem Rundgang durch den hübschen Ort den Abend im Cockpit mit einem Trollinger „Alte Rebe“ vom Weingut Ungerer (Hohenlohekreis) ausklingen.

Die 31 sm nach Kopenhagen brachten wir voller Erwartung schnell hinter uns. Die Ansteuerung sah in der Karte zwar etwas kompliziert aus, erwies sich aber in der Praxis als völlig problemlos, zumal wir außerhalb des Hauptfahrwassers den zahlreichen Großschiffen ausweichen konnten. Schwieriger war schon die Einfahrt in den Christianshavn, weil dort eine Brücke über den Bomlöbet (Haupthafen und Sund zwischen Seeland und Amager) gebaut wird. Wir konnten rechtzeitig vor dem Ausleger eines Baukrans quer über die Einfahrt anhalten und eine Arbeitslücke zum Durchschlüpfen nutzen. Einer nachfolgenden Yacht gelang dies leider nicht. Sie krachte mit dem Mast mit einem unangenehm scheppernden Geräusch gegen den Kranausleger. Ihr Mast sah danach nicht mehr fabrikneu aus.

Der Christianshafen erinnert sehr an die Grachten in Amsterdam. Viel Betrieb, tolle Atmosphäre und großes Kino der vorbeifahrenden Schiffe und Stadtrundfahrtboote. Die Attraktionen von Kopenhagen zu schildern, sprengt jeden Rahmen. An zwei Liegetagen genossen wir die lockere Atmosphäre der Stadt, ihre Sehenswürdigkeiten (Museen, Tivoli, Jugendstil-Bahnhof, Schlösser, das hochinteressante Rathaus, die belebten Einkaufsstraßen mit Gauklern, Musikanten und Breakdance-Vorführungen, den wunderschönen Nyhavn mit sehr gutem Straßenjazz, das Konzerthaus mit benachbartem „Koebenhavns Sandskulptur Festival“ auf Höhe der futuristischen Oper am anderen Ufer, den Wachwechsel im Schloss Amalienborg (Wohnsitz der Königin), das Kastelet und – Thema der Reise: Den Besuch der weltberühmten Lille Havfrue   auf ihrem Stein an der Langlinie Bugten. Eine Bootsrundfahrt durch die Kanäle und Häfen von Kopenhagen rundete die Erlebnisse ab und führte uns auch an der königlichen Yacht vorbei, auf der gerade der zeremonielle Abendappell stattfand. Um 24 Uhr war Feuerwerk im Tivoli. Unsere Erlebnisse besprachen wir bis spät in die milde Sommernacht bei einem „Gewürztraminer Überlinger Felsengarten trocken 2011 vom Spitalweingut Überlingen.

Am Samstag ging es zurück nach Roedvig. Die anspruchsvolle Navigation und die Landschaft hätten uns schon gereizt, wir verzichteten jedoch auf Einfahrt durch den Bögeström in den Ulvsund aus Sicherheitsgründen wegen unseres Tiefgangs von 1,95 m. Dafür rundeten wir Mön südlich, genossen nochmals die eindrucksvollen bis 143 m hohen weißen Kreidefelsen und liefen die zum Teil lästig weit in die See reichenden Stellnetze meidend in den Grönsund ein, wo wir in dem ursprünglichen, etwas wilden Hafen von Stubbeköbing festmachten. Nach einem Tagesweg von 51 sm ließen wir uns als „Anlegeschluck“ einen halbtrockenen Müller-Thurgau Überlinger Felsengarten schmecken. Nach Stadtrundgang und Abendessen  gab es eine lange Diskussion, ob wir quer über das Flach des nach Karte 2,1 m tiefen Middelgrunds Vordingborg anlaufen sollten. Die alte geschichtsträchtige Königstadt mit allerdings schlechten Liegeplatzbedingungen wäre zwar einen Besuch wert gewesen, schon um des Platzes willen, an dem Valdemar der Große 1182 angeblich von einem kräuterkundigen Abt auf Anstiften des mächtigen Bischofs Absalon, dem Gründer Kopenhagens, vergiftet wurde. Wir entschlossen uns aber, den Grönsund vollends zu durchlaufen, mit sorgfältiger Navigation um das nördliche Flach Falster zu runden und in den Guldborgsund einzulaufen, wo wir in dem kleinen, hübschen Hafen hinter der Klappbrücke von Guldborg auf Lolland festmachten.

Unsere Recherchen von Guldborg aus, ob die aktuellen Bedingungen für eine Durchfahrt des Guldborgsunds südlich von Nyköbing mit unserem Schiff ausreichen, blieben leider ohne Erfolg. Also segelten wir am nächsten Tag nach Nyköbing, von wo aus wir nach einem Liegetag leicht Gedser erreichen und von dort aus nach Warnemünde hätten übersetzen könnten.

Nach Gesprächen in Nyköbing mit der Brücke (Kanal16/12)  und Seglern des örtlichen Segelvereins war ein Durchkommen aber kaum möglich. Jetzt wurde aber die Zeit knapp, denn wir mussten den langen Weg durch Guldborg- und Grönsund zurück. Also gleich nach der Ankunft Leinen wieder los. Das bereits bezahlte Liegegeld deklarierten wir als Spende des 35-jährigen USCU an den über 100-jährigen Nyköbinger Segelverein.

Wieder Zwischenstopp in Guldborg und am nächsten Morgen und bedrohlichem Wetterbericht dann in wirklich „rasender“ Fahrt von bis zu über 7 kn mit raumem Wind aber ansonsten besten Wetterbedingungen durch die Sunde hinaus auf die Ostsee und in dem kleinen Holzhafen von Haesnaes angelegt. Das Anlegemanöver war insoweit spannend, weil wir mit gemessenen Seitenwinden der Stärke 6 und 7  in eine lange, ungeschützte Box mussten. Hier hat sich wieder einmal unser gut eingeübtes Manöver bewährt, mit zwei über die Mittelklampe gelegten Achterleinen und beim Vorbeifahren über die Pfähle gelegten Palsteks das Schiff mit Motorvorwärtsfahrt zu halten, um dann durch Fieren der Leinen das Schiff langsam kontrolliert an die Pier zu bringen, sodass es sich Michael am Bug leisten konnte, dem Rudergänger zuzurufen: „Bitte noch 10 cm näher an die Pier!“. Hat super geklappt und Staunen bei den hilfreich herbeigeeilten Helfern an der Pier ausgelöst. Ein herrlicher Strandspaziergang sorgte für Entspannung und das Hochklettern an armdicken Enden an der Steilküste hinauf für Spaß.

Die letzte Etappe gegenan wurde nochmals anstrengend, weil der Wind bis auf Stärke 7 zunahm und die heftige Wellenbewegung die Segel zusätzlich strapazierte.  Die Fahrt nach Gedser war mehr ein interessantes Erlebnis als wirklicher Genuss. Manchmal schien es, als wolle unser Schiff wie ein Düsenjet abheben (zumindest der Anstellwinkel hätte gestimmt). Die relativ flache Ostsee verursacht eben statt einer langen Dünung hohe sehr steile und kurze Wellen, die eine Yacht manchmal von einer Fahrt mit 6 oder 7 kn bis auf 0 abbremsen können, wenn auf dem Wellenkamm das Schiff nicht mehr die Welle hinabfahren kann, sondern mit einem heftigen Kracher schon auf die nächste Welle aufschlägt.

Beim letzten Schlag nach Warnemünde schlief dann der Wind am Ende ein, sodass wir bei Ammerseebedingungen im Yachthafen Hohe Düne festmachen, aufräumen und in der Edelpizzeria Da Mario den Abend und den Törn ausklingen lassen konnten. Die kleine 3er Crew hat bestens zusammengearbeitet, alle Situationen souverän beherrscht und Crew und Schiff heil zurückgebracht.

 Manfred  J. Müller – Sabine Schwenk – Michael Müller