10. Ulmer Humboldt-Colloquium - Das Problem der Anerkennung in der modernen Welt
Tagungsort: Villa Eberhardt, Rittersaal, Heidenheimer Str. 80, 89075 Ulm
Es handelt sich um eine öffentliche Veranstaltung, zu der Studierende und
Interessierte herzlich eingeladen sind.
Um Anmeldung wird gebeten!
Das Problem der Anerkennung in der modernen Welt
Die gegenseitige Anerkennung in der modernen Welt gilt spätestens seit Hegel als eine identitätsstiftende Kraft des Menschen. Gerade die Wechselseitigkeit von Ich und Welt resp. die Anderen ist konstitutiv für den Bildungs- und Entwicklungsprozess des Menschen in einer Gesellschaft. Anerkennung ist nunmehr zu einem Schlüsselbegriff in der zeitgenössischen Sozialphilosophie und -psychologie, in der Moralphilosophie und in der politischen Philosophie geworden. In der Nachfolge von Hegel sind es besonders Hannah Arendt, die Philosophen Charles Taylor und Axel Honneth als auch die Phänomenologen wie Paul Ricoeur, Emmanuel Levinas und Bernhard Waldenfels, die auf ihn Bezug nehmen. Sie greifen in verschiedenen Denkansätzen auf, was Anerkennung leisten muss, so dass eine Identität des Individuums gelingen kann, wobei dieses Individuum immer sozial eingebunden ist und somit der wechselseitige Spiegelung durch den Anderen bedarf.
Der „Kampf um Anerkennung“ (Hegel) ist im ausgehenden 20. Jahrhundert und im beginnenden 21. Jahrhundert erneut zu einem brisanten Thema geworden. Hier ist der Streit um kulturelle Rechte, somit die Anerkennung auch des Fremden und des Anderen, sei es in ethischer, religiöser und sexueller Hinsicht, zu sehen, aber auch vor allem: der Verlust der Anerkennung.
Anerkennung wird seit Hegel und Marx verstärkt durch Arbeit geleistet. Wenn Arbeit aber heute mehr und mehr zu einem knappen Gut wird, dann wird es schwierig zu sehen, wie sich auf dieser Grundlage Anerkennung überhaupt noch formieren soll. Hatte also Hannah Arendt recht, wenn sie schreibt: „Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgemeinschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?“ Im modernen Zeitalter des Individualismus und Wettbewerbs ist Anerkennung als identitätsstiftende Kraft im Schwinden begriffen. Mit dem Verlust der Arbeit als Anerkennungsressource wird nun der Einzelne quasi aus der Gesellschaft ausgestoßen. Er ist abgeschnitten von einer etablierten Anerkennungssphäre, nicht zuletzt, da ihm auch die finanziellen Ressourcen fehlen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Sozialphilosophische Theorien sehen nicht zuletzt darin eine Quelle von Gewaltausbrüchen innerhalb unserer Gesellschaft, von Unzufriedenheit, Frustrationen und psychischen Erkrankungen.
In unserem Colloquium wollen wir Anerkennungsmodelle verschiedener Philosophen in den Vordergrund stellen (Kant, Hegel, Hannah Arendt, die französischen Philosophen und Kulturanthropologen) und ihre aktuellen Bezüge zu Problemen in der heutigen Gesellschaft.
Dieses Colloquium wird gefördert durch eine Spende der Ulmer Universitätsgesellschaft e.V. Wir danken sehr herzlich für die großzügige Unterstützung.
Im Folgenden können Sie unseren Programmflyer herunterladen: