Hören nach Zahlen - Neue Musik von Tom Johnson

Leitung: Angelika Meyer

Am Wochenende 6./7.10.2007 findet in Ulm ein Konzertwochenende mit Kompositionen des in Paris lebenden amerikanischen Komponisten Tom Johnson statt. Zuletzt wurde vor 15 Jahren dessen "Riemannoper" in Ulm aufgeführt. Nun können die Ulmer in zwei Konzerten verschiedene Werke für Kammermusik und Stimme erleben - und Tom Johnson persönlich. Denn er wird "Galileo" spielen  - ein Stück und Musikinstrument zugleich: das mehrere Meter hohe Gestell mit verschieden langen Pendeln aus Winkelschienen wird im großen Saal des Ulmer Stadthauses (Architekt Richard Meier) aufgebaut und gespielt. Im zweiten Teil des Abends werden Musiker vom Philharmonischen Orchester Ulm eine Auswahl Johnsons Kammermusikwerke spielen: "Action Music IV" (Maria Braun), "Failing" für sprechenden Kontrabass (Michael Weigler), "Rational Melodies" (Verena Höß), "Monolog für Tuba" (Tobias Rägle) und die Ensemblestücke "Narayana´s Cows" und "Tilework for Logdrums" (außerdem mit Thomas Kleinhans, Angelika Meyer und Isolde Werner).

Der Abschluss des Abends wird vom Lap-Top-Ensemble der Universität Ulm gestaltet. Unter Leitung von Dieter Trüstedt wurden die Kompositionen "Eight Patterns" und "Hexagons" in den Computer eingelesen (Pure-Data) und werden live mit dem Lap-Top abgespielt. Ursula Ritter (Tanz) zeigt dazu ihre eigene Interpretation Johnsons Musik.

In dem "Frühstückskonzert" am Sonntag um 11.30 Uhr  in der Volkshochschule Ulm (Club Orange) werden Werke für Sprech- und Gesangstimme aufgeführt u.a. "Secret Songs", "Counting Duets" und einzelne Arien aus "Die Vierton-Oper" (Interpreten: Iva Mihanovic, Girard Rhoden, Angelika Meyer und Hannes Kalbrecht am Piano). Tom Johnson wird - unter Mitwirkung des Publikums - seinen sehr amüsanten "Vortrag mit Wiederholungen" halten. Anschließend gibt es bei einem kleinen Imbiss (im Eintrittspreis inklusive) die Gelegenheit, mit dem Komponisten und den Künstlern ins Gespräch zu
kommen.

Samstag, 6.10.2007, 19.00 Uhr Stadthaus Ulm

Sonntag, 7.10.2007, 11.30 Uhr, Ulmer Volkshochschule, Club Orange

Karten:
1 Konzert: 16 Euro (erm. 10 Euro)
2 Konzerte: 28 Euro (erm. 16 Euro)

Beitrag der EMU-Experimentelle Musik Universität Ulm
Ltg. Dieter Trüstedt

EIGHT PATTERNS FOR EIGHT INSTRUMENTS,
wurde von Tom Johnson 1979 komponiert und im selben Jahr vom New Music Ensemble San Francisco uraufgeführt. Zentrale Elemente sind die Zahl 8 und die grafischen Muster der Partitur als sichtbare und hörbare Ornamente. Tom Johnson war neben des Geometrischen auch an der Farbigkeit der Instrumentierung interessiert. Konsequent wurde von Tom Johnson für die Interpretation auch der Sequenzer in der Computermusik vorgeschlagen als "fascinating research with many different color combinations".
Im Herbst 2006 besuchte ich, Dieter Trüstedt, Tom Johnson in Paris - und er gab mir die Eight Patterns als Aufgabe mit. Wir, die EMU - Experimentelle Musik Universität Ulm, packten die Partitur in den Laptop und testeten das Klangbild mit 8 a-Tönen (die Taste a acht mal am Flügel angeschlagen und diese 8 Samples in 8 Tonhöhen gespielt), genauso mit einer acht mal angestrichenen freien Saite, die Shakuhachi 8 mal in der gleichen Tonhöhe gespielt, dann vorgelesene Worte (Jessica Billeter liest "Die kleine Schachtel"), der Sound vom "Illerurgestein" (der Steinschlag der flachen, harten Steine aus dem Iller-Flußbett bei Ulm), mit Phonemen (den kleinsten Bausteinen der Sprache) und schließlich auch das Spiel mit reinen elektronischen Klängen (hier die "Drachenklänge" aus mehrfach gefiltertem weißen Rauschen).
Die letzte Version wird heute Abend am 6. Oktober 2007 im Stadthaus Ulm gespielt - 8-kanalig, d.h. jedes der 8 Instrumente kommt aus einer anderen räumlichen Richtung als Flöte, Horn, Xylophon, Pan-Flöte, Steinschlag, Streichinstrument etc. - ähnlich wie die verschiedenen Register einer Kirchenorgel.
Als sichtbarer Botschafter der live-gespielten elektronischen Musik wird Ursula Ritter die Eight Patterns tanzen.
Die Musikperformance dauert 12 Minuten.

HEXAGONS,
Komposition, Konzept Tom Johnson - for Maik Hester
HEXAGONS for accordion or another sustaining instrument. The numbers 1 to 19 represent 19 notes of the chromatic scale. Begin with the central chord (4, 11, 16). Following the lines, move to adjacent chords, always sustaining two voices and moving the third voice. Move slowly, carefully, until each of the 63 chords has been played at least once, returning finally to (4, 11, 16). Tom Johnson, 2005.
Wir, die EMU, spielen die HEXAGONS nach einem Vorschlag von Andhi Pabst, Medieninformatik Universität Ulm, nach der Projektion eines Java-Programmes, das den 6 bis 9 Spielern, aufgeteilt in 3 Gruppen, den jeweilige Tonhöhensprung mitteilt. Jeder Spieler hat einen Laptop, der den elektronischen Klang erzeugt, varriert und in der geweiligen Tonhöhe wiedergibt. Der Klang besteht aus neun, in der Lautstärke gewichteten, Sinustönen. Jeder Spieler hat 3 dieser Klänge, die leicht gegeneinander schweben.
Andhi Pabst spielt im Hexagon-Feld drei verschiedene Bilder, Muster, die zum Teil aus der organischen Chemie als Ringmoleküle bekannt sind. Jedes dieser drei Muster bekommt eine andere Klangfarbe: Oberton fallend, Akkordeon und eine Naturseptim-Klangmischung.
Das Spiel dauert ca. 10 Minuten.

Mitspieler
Tobias Hornberger, Henrik Kühn, Andhi Pabst, Ursula Ritter, Dieter Trüstedt, Isolde Werner, Klaus Schmidtke und Christine Söffing.

EMU-Ensemble,
seit 1986. Es sind Studierende der Universität Ulm und Künstler der Musik, der Bildenden Kunst und des modernen Tanzes. Das Musiklabor der EMU steht auf dem Campus der Universität Ulm - und arbeitet mit den Naturwissenschaften verschiedenster Fakultäten zusammen. Die Arbeitsmethode ist das Experiment, die Erforschung von Zwischenbereichen, die Lust am Entdecken. Die Ergebnisse werden sowohl im künstlerischen als auch im wissenschaftlichen Kontext aufgeführt, präsentiert oder ausgestellt. www.uni-ulm.de/emu

Dieter Trüstedt,
geb. 1939 in Berlin, Studium der Physik an der TU München und Promotion bei Maier-Leibnitz (Kernphysik). Seit 1969 Entwicklung elektronischer und akustischer Musik und Bau der Musikinstrumente. Lichtkunstprojekte. Performances u.a. mit Ulrike Trüstedt, Angela Dauber, Ulrike Döpfer, Jessica Billeter, Hans Wolf, Isolde Werner. Musik zu Interrogations - Yoshi Oida - mit Aufführungen weltweit. Lehraufträge an der HdK Berlin, der Universität Ulm und der Musikhochschule München. Leitung der EMU - Experimentelle Musik und Kunst Universität Ulm, der Echtzeithalle und des Musiklabors München. www.luise37.de

Ursula Ritter, Tänzerin und Choreographin, geboren 1960, Riedlingen, studierte von 1984– 91 in Düsseldorf, Berlin, Amsterdam. 1991 machte sie ihren Barchelor of Arts in Bühnentanz und Tanzpädagogik an der EDDC Arnhem, Holland. Von 1991-1992 lebt sie in New York und arbeitete an Studien und Performances. Von 1992 – 1999 lebt in Israel und arbeitet an Solo- und Gruppenproduktionen im In- und Ausland (Wüstenprojekte). Sie hat Lehraufträge an Hochschulen für Tanz in Deutschland, Holland, Israel( Rubin Academy). 2000 kehrt sie nach Deutschland und lebt seit 2002 in Ulm. Hier unterrichtet sie New Dance, Improvisation, Contact, Ritualarbeit und Kindertanz, verwirklicht eigene Performanceprojekte in Süddeutschland und leitet Jugendprojekte. Eine Zusammenarbeit mit dem musischen Zentrum, experimentelle Musik, Uni Ulm (Emu) besteht seit 2004.

aus dem Film von Francois Girad: 32 Variationen über Glenn Gould
GG rief seine Cousine an, um ihr eine Geschichte über Schönberg zu erzählen:
"Er war von der Numerologie besessen, Zahlen und so weiter. Als er 65 Jahre wurde hatte er panische Angst vorm sterben, weil die Zahl durch 13 teilbar war. Er befragte also einen Astrologen, der sagte, er würde leben, bis sich die Hahlen erneut gegen ihn wenden. Toll, dachte er sich. Es bleibt alles iin Irfnung bis ich 78 Jahre alt bin. Elf Jahre später, als er 76 Jahre alt wurde, schrieb ihm der Astrologe erneut und warnte ihn, dass es nicht nur um die teilbarkeit der Zahl ginge, sonder auch darum, bo die Quersumme 13 sei, wie z.B. bei 76. Er bekam eine Todesangst, die aber nicht lange andauerte. 3 Monate später starb er, am 13. Juli 1951. Ich kann nichts dafür. Ich werde morgen 49, und Schönberg spricht immer noch mit mir."
GG starb kurz nach seinem 50. Geburtstag
(Angelika Meyer)

Dokumentation (Fotos: Dieter Trüstedt)

EIGHT PATTERNS FOR EIGHT INSTRUMENTS

Arbeitsblatt auf dem Laptop - 8-kanalige Wiedergabe der 8 Instrumente - Drachenklänge (gefiltertes Rauschen) Im linken oberen Bereich der "Partitur" rechts vom ockerfarbenden Schaltfeld die 8 Körper-Bewegungs-Muster von Ursula Ritter. Das Patch (= Laptop-Partitur = Arbeitsblatt) ist von Dieter Trüstedt programmiert - in Pure Data.

HEXAGONS

für das ganze EMU-Laptop-Ensemble - siehe oben. Andhi Pabst hat dirigiert. Gespielt haben jeweils 2 Spieler eine der 3 Tonhöhen. Das Wandern im Hexagonsfeld wurde projiziert incl. der Veränderungen im Akkord ausgehend vom 4. ,11. und 16. Halbton. Wir spielten 3 Abläufe mit unterschiedlichen Fourier-Mischungen (Nr. 9 reine 4-6-7-8, Nr. 10 Oberton fallend und Nr. 5 Quarten rein)