Streuobstwiese

Streuobstwiesen sind ein traditionelles und landschaftsprägendes Element der bäuerlichen Kulturlandschaft und zugleich ein ökologisch wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Der Begriff Streuobstwiese wird davon abgeleitet, dass großwüchsige Obstbäume (Hochstämme) verschiedener Sorten und Altersklassen auf extensiv genutzten Wiesen mehr oder weniger unregelmäßig 'gestreut' stehen. Die Sortenvielfalt der Obstbäume ist über viele Jahrhunderte entstanden und hat regional standortangepasste und robuste Sorten hervorgebracht.
In Baden-Württemberg existiert heute nur noch etwa ein Drittel des ursprünglichen Bestandes. Der langfristige Erhalt von Streuobstwiesen und ihrer Artenvielfalt gelingt nur durch eine entsprechende Nutzung und Vermarktung des anfallenden Obstes. Streuobstäpfel sind in Form, Farbe, Größe und Geschmack sehr vielfältig. Diese Sortenmischung und das Zucker-Säure-Verhältnis vieler alter Sorten ist die Grundlage für die Herstellung eines besonders aromatischen Apfelsaftes.

Alte Obstsorten in Ulm

Auf der Streuobstwiese im Botanischen Garten, die etwa eine Fläche von 50 Ar (50 x 100 m²) umfasst, werden derzeit 71 Obstbäume vorgestellt. Die Sortenvielfalt setzt sich aus 41 Apfelsorten und 5 Birnensorten, 4 verschiedenen Zwetschgen und einem Walnuss-Baum zusammen.
Bekannte und bewährte Sorten sind z.B. Baumanns Renette, Roter und Gelber Boskoop, Brettacher, Jakob Fischer, Hauxapfel und Berlepsch. Zu den Ulmer Lokalsorten zählen Ulmer Butterbirne (Albecker Butterbirne), Ulmer Renette, Gewürzluiken oder Öhringer Blutstreifling.

Ulmer Butterbirne, Albecker Butterbirne: anspruchslose Sorte, die an der Steige von Ulm nach Albeck gefunden und bereits 1868 beschrieben wurde; kleine, kugelförmige Frucht; Reifezeit: Ende September - Mitte Oktober.

Mit der Pflege dieser alten Kultursorten soll die genetische Sortenvielfalt, die über Jahrhunderte entstanden ist, als lebendes Genreservoir für die Zukunft erhalten werden.

Lebensraum für Tiere und Pflanzen

Der Lebensraum Streuobstwiese setzt sich zusammen aus Elementen und Strukturen der lichten Wälder, Waldränder und Wiesen. Dadurch ergibt sich eine besonders große Vielfalt an ökologischen Nischen für mehr als 5.000 Tier- und Pflanzenarten.
Streuobstwiesen stellen für zahlreiche Vogelarten einen vielfältig strukturierten Lebensraum mit Sitzwarten für Greifvögel, Brutstätten für Höhlenbrüter und offene Nistmöglichkeiten in den Baumkronen dar. Typische Vögel, die man auf Streuobstwiesen antreffen kann sind z.B. verschiedene Meisenarten, Goldammer, Grünfink, Gartenrotschwanz, Grauschnäpper, Baumläufer, Stieglitz, Kernbeißer, Feldsperling, Bunt- und Grünspecht aber auch sehr seltene Arten wie Steinkauz, Wiedehopf, Wendehals und Halsbandschnäpper.

Der Blütenreichtum großer Obstbäume und artenreicher Blumenwiesen bildet die Nahrungsquelle für eine Vielzahl an Schmetterlingen, Schwebfliegen, Käfern, Hummeln, Wildbienen und unzählige andere Insekten. Zudem kann ein einziger Apfelbaum mehr als 1000 wirbellose Tierarten beherbergen.

Den Fledermäusen, Gartenschläfern, Siebenschläfern, Haselmäusen und andere Kleinsäuger bieten vor allem die älteren Bäume mit unterschiedlich ausgeprägten Baumhöhlen eine Heimat.
Außerdem besiedeln viele Arten von Flechten, Moosen, Pilzen und Algen die Rinde älterer Obstbäume.