Kleines Glossar der Pflanzenheilkunde
Wichtige Begriffe
Im Gegensatz zum heute üblichen Sprachgebrauch, in dem Drogen mit Rauschmitteln gleichgesetzt werden, sind Drogen ursprünglich und in der Fachsprache der Pharmazeuten getrocknete Teile von Pflanzen (oder manchmal auch Tieren), die zur Gewinnung von Arzneimitteln dienen. Der Begriff stammt von mittelhochdeutsch dröge d. h. trocken. Pflanzliche Drogen werden (heute selten) in fast unveränderter Form (z. B. als Pflanzenpulver), in Form von verpressten Pflanzenpulvern, zumeist aber in Form der daraus gewonnenen Extrakte (Tee, Tinktur, Spissum- oder Trockenextrakt) angewandt.
Komplexes, mit Extraktionsmitteln wie Wasser, fetten Ölen, Alkoholen, Aceton oder anderen organischen Lösungsmitteln gewonnenes Vielstoffgemisch aus pflanzlichen Drogen oder frischen Pflanzenteilen. Je nach verwendetem Extraktionsmittel kann die Zusammensetzung pflanzlicher Extrakte erheblich variieren. Nach Aufbereitungsart werden flüssige (Fluid-), dickflüssige (Spissum-) und trockene (Siccum-) Extrakte unterschieden. Obwohl manchmal einzelne, chemisch definierbare Pflanzeninhaltsstoffe oder -inhaltsstoffgruppen bekannt sind, die die Wirkung eines pflanzlichen Extraktes maßgeblich bestimmen, geht man in der Phytotherapie immer von der Wirkung des gesamten Extraktes aus. Auch wenn etliche Inhaltsstoffe des Extraktes nicht direkt eine Wirkung im Organismus entfalten, können sie beispielsweise wichtig für die Löslichkeit und Aufnahme von Wirkstoffen im Magen-Darm-Trakt sein. So betrachtet auch das Arzneimittelgesetz den Gesamtextrakt in einem pflanzlichen Arzneimittel als Arzneistoff.
Arzneimittel in Form von fertigen Teemischungen, Lösungen, Salben, Tabletten, Kapseln, Dragees, Arzneipflastern, Inhalaten usw., die inklusive Verpackung und Gebrauchsinformation, beschriftet nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes, zur Abgabe vorrätig gehalten werden. Davon zu unterscheiden sind Rezepturarzneimittel, die nach Rezept oder Kundenauftrag in der Apotheke frisch hergestellt werden.
Wissenschaftliche Kommission des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (heute Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM). Die Kommission E hat zwischen 1980 und 1990 vorhandenes wissenschaftliches und erfahrungsheilkundliches Material zu erwünschten und unerwünschten Wirkungen von pflanzlichen Drogen zusammengetragen, aufgearbeitet und bewertet. Die Monographien der Kommission E sind bis heute wichtige Grundlage für die Neuzulassung und die Nachzulassung pflanzlicher Arzneimittel.
Seit Mitte der 1990er Jahre befasst sich das "Committee on Herbal Medicinal Products" (HMPC), eine Abteilung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) mit der Erstellung von europäischen Arzneipflanzenmonographien.
Lehre von der Wirkung und Verstoffwechselung der Arzneistoffe in biologischen Systemen, z. B. im menschlichen Körper.
Lehre von der Gewinnung, Verarbeitung und Prüfung der Arzneistoffe und Arzneimittel.
Pflanzliche Arzneimittel, die einen, zumeist hochdosierten, standardisierten oder normierten pflanzlichen Extrakt bzw. in wenigen Fällen auch pulverisiertes Pflanzenmaterial enthalten. Phytopharmaka im eigentlichen Sinne verfügen über den klinischen und/oder pharmakologischen Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit.
Allgemein: Behandlung von Erkrankungen mit pflanzlichen Arzneimitteln. Speziell: die Behandlung von Erkrankungen mit Phytopharmaka im eigentlichen Sinne.
Einstellung eines Extraktes auf eine gewisse Spanne des Gehaltes eines oder mehrerer Substanzen oder Substanzgruppen, die entweder an der Wirkung beteiligt sind oder Bedeutung für die Qualitätssicherung haben.
Ist ein für die erwünschte Hauptwirkung eines pflanzlichen Extraktes maßgeblich verantwortlicher Inhaltsstoff bekannt, können pflanzliche Extrakte auf eine bestimmte Menge einer solchen Substanz eingestellt (standardisiert) werden.
Die wichtigsten pflanzlichen Wirk- und Inhaltsstoffe
Alkaloide sind chemisch sehr komplizierte und vielfältige, stickstoffhaltige Substanzen. Die zum großen Teil giftigen Stoffe werden von Pflanzen und manchen Tieren u. a. zur Abwehr von Fressfeinden aufgebaut. Viele Alkaloide wirken im Nervensystem des Menschen. Sie aktivieren oder blockieren zum Teil sehr spezielle Rezeptoren, so dass recht unterschiedliche und starke Wirkungen (z. B. Atropin aus der Tollkirsche) ausgelöst werden können. Arzneipflanzen die Alkaloide enthalten sind zumeist für die Selbstmedikation ungeeignet.
Das geruchsintensive, leicht flüchtige ätherische Öl einer Pflanze kann aus hunderten von ebenfalls flüchtigen, fettlöslichen meist einfach gebauten Einzelsubstanzen bestehen. Ätherische Öle sind oft an der Oberfläche der Pflanzen in speziellen Ölbehältern oder Ölgängen untergebracht. Auch diese Stoffgruppe dient den Pflanzen zur Abwehr, z. B. von Insekten. Die hohe Flüchtigkeit und gute Gewebsgängigkeit ätherischer Öle macht ihre Anwendung auch in Bädern (Melisse) oder zur Inhalation (Eukalyptus) möglich. Ätherische Öle können u. a. krampflösend (Kümmel), entzündungshemmend (Kamille), kreislaufanregend (Rosmarin), beruhigend (Melisse), desinfizierend (Latschenkiefer) oder durchblutungsfördernd (Wacholder) wirken.
Der Begriff kommt von lat. flavus, d. h. gelb. Flavonoide können z. B. für die Gelbfärbung von Blüten verantwortlich sein. Flavonoide erfüllen aber auch vielfältige andere Aufgaben in der Pflanze. Ihre Vorstufen sind am Aufbau komplexerer Substanzen, wie beispielsweise der Gerbstoffe beteiligt. Fast alle Pflanzen enthalten irgendwelche Flavonoide. Kaum einer anderen Gruppe von Pflanzenwirkstoffen werden so vielfältige medizinische Eigenschaften zugeschrieben: Flavonoide können z. B. harntreibend (Birkenblätter), schweißtreibend (Lindenblüten), entzündungshemmend (Kamillenblüten), krampflösend (Goldrute), cholesterinhemmend oder antioxidativ (Artischocke) wirken.
Der Name rührt von der Verwendung dieser Stoffe zum Gerben des Leders her. Gerbstoffe kommen in verschiedensten Pflanzenfamilien vor. Besonders verbreitet sind sie aber innerhalb der Rosengewächse. Die Pflanzen nutzen Gerbstoffe zur Abwehr von Pilzen, Bakterien und Viren. Medizinisch nützlich sind sie aufgrund ihrer zusammenziehenden (adstringierenden) Eigenschaften. Diese Wirkung beruht auf der Bindung der Gerbstoffe an körpereigene Eiweiße. Sie wird äußerlich z. B. bei schlecht heilenden Wunden oder Hämorrhoiden (Hamamelisblätter, Eichenrinde) und innerlich bei Durchfällen (Blutwurzel, Nelkenwurz) genutzt. Antibakterielle Eigenschaften unterstützen die Heilwirkung.
Variable Stoffgruppe, die aus Vorstufen von Bestandteilen ätherischer Öle entstehen. Sie können u. a. für beruhigende (Valepotriate im Baldrian), appetitanregende (iridoide Bitterstoffe im Enzian), entzündungshemmende (Teufelskralle), antibakterielle (Spitzwegerich) und das Hormonsystem beeinflussende (Mönchspfeffer, Eisenkraut) Wirkungen ausschlaggebend sein.
Leicht spaltbare, wasserlösliche Substanzen, bei denen u. a. krampflösende (Efeublätter, Schöllkraut), entzündungshemmende und antivirale (Melissenblätter) Eigenschaften nachgewiesen wurden.
Die Bezeichnung rührt von den seifenartigen (die Oberflächenspannung des Wasser mindernden) Eigenschaften dieser Stoffe her. Sie finden sich hauptsächlich in Samen (Rosskastanie) oder in Wurzeln (Seifenwurzel) der verschiedensten Pflanzenfamilien. Saponine können durch eine leichte Reizung der Magen-Darmschleimhaut reflektorisch eine Verdünnung des Bronchialschleims und Auswurfförderung bewirken (Primelwurzel, Efeu). In anderen Fällen wirken sie entzündungshemmend (Süßholz), venentonisierend (Rosskastanie, Mäusedorn), oder stärkend (Ginseng, Taigawurzel).