33. Arzneipflanzen - nicht alle sind empfehlenswert!

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArm) hat eine Gruppe erfahrener Experten auf dem Gebiet der Heilpflanzenkunde - die Kommission E - damit beauftragt, altes Erfahrungswissen über Arzneipflanzen, aber auch Resultate moderner wissenschaftlicher Untersuchungen aus Universität, Klinik und Industrie auszuwerten. Die Ergebnisse werden in sog. „Monographien“ zusammengefasst und den Heilberuflern zur Verfügung gestellt. Diese Ergebnisse sind bis heute Grundlage für ein Beratungsgespräch in der Apotheke.

Heilpflanzen, bzw. Teile von ihnen (wie Wurzeln oder Blüten), die ohne Risiko verwendet werden können und deren Wirkungen als erwiesen gelten, erhalten eine „Positiv-Monographie“. Die meisten von uns in den Indikationsbereichen vorgestellten Arzneipflanzen wurden in diesem Sinne positiv bewertet.

Eine „Null-Monographie“ erhalten solche Pflanzen, die in der traditionellen Volksmedizin zwar als Heilpflanze ohne Risiko verwendet werden, deren Wirksamkeit aber letztendlich nicht belegt ist. Gerade hier sind weitere Untersuchungen dringend notwendig, um eventuell wertvolle Arzneipflanzen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen...

Eisenkraut und Echter Ehrenpreis, zwei in der Volksmedizin hoch angesehene Heilkräuter, sind Beispiele hierfür. Beide finden traditionell Verwendung bei Erkrankungen im Bereich der Atemwege, des Magen-Darmtraktes, der Leber und der Niere, bei Gicht, Rheuma und nervösen Störungen, äußerlich auch zur Wundheilung. Eisenkraut wurde darüber hinaus zur Linderung von Beschwerden in den Wechseljahren eingesetzt.
Obwohl eine risikolose Anwendung möglich ist, kann zur Zeit eine therapeutische Verwendung nicht befürwortet werden, da für diese Anwendungsgebiete besser geeignete und auch besser untersuchte Arzneipflanzen zur Verfügung stehen.

Eisenkraut (Verbena officinalis)
Eisenkraut (Verbena officinalis)

Sind die gesundheitlichen Risiken größer als ihr Nutzen, erhalten entsprechende, früher medizinisch genutzte Pflanzen eine „Negativ-Monographie“. Ihre therapeutische Anwendung ist heute nicht mehr vertretbar. Beispiele für Pflanzen, deren Wirksamkeit zwar nachgewiesen ist, deren Risiken aber überwiegen, sind Wurmfarn, Zaunrübe und Oleander.

Wurmfarn (Dryopteris filix-mas)
Wurmfarn (Dryopteris filix-mas)

Der Wurmfarn wurde früher gegen Bandwurmbefall eingesetzt. Die Nebenwirkungen reichten von Herzstörungen über schwere Krämpfe bis hin zu Sehstörungen mit Erblindungen. Es liegen auch zahlreiche Berichte von Vergiftungen mit tödlichem Ausgang vor!

Ähnlich brisant ist die Einnahme von Zubereitungen aus der Zaunrübenwurzel. Sie wurde früher als sehr starkes Abführ- und Brechmittel genutzt. Schwindel, Krämpfe, Nierenschäden und blutige Durchfälle waren nicht selten die Folge!

Zubereitungen aus Oleanderblättern galten als probates Mittel gegen Herzbeschwerden. Der Wirkstoffgehalt in den Blättern ist aber starken Schwankungen unterworfen. Eine Überdosis kann tödliche Folgen haben.

Schließlich gibt es auch zahlreiche volkstümlich genutzte Pflanzen, bei deren Anwendung ein ernstes gesundheitliches Risiko in Kauf genommen wird, ohne dass eine Positiv-Wirksamkeit überhaupt belegt ist.

Beispiele:

Echter Alant - Inula helenium (Asteraceae)

Anwendung:
u. a. bei Erkrankungen der Atemwege, des Magen-Darmtraktes sowie der Niere und ableitenden Harnwege
Risiken:
Allergien, Schleimhautreizungen; größere Gaben führen zu Erbrechen, Durchfall und Krämpfen mit Lähmungserscheinungen

Gemeiner Beifuß - Artemisia vulgaris (Asteraceae)

Anwendung:
u. a. Verdauungsschwäche, Wurmbefall, Epilepsie, Durchblutungsstörungen
Risiken:
Allergien, Abort (Fehlgeburt)

Färberkrapp - Rubia tinctorum (Rubiaceae)

Anwendung:
Blasen- und Nierensteine
Risiken:
starker Verdacht auf erbschädigende und krebserregende Wirkung

Pestwurz - Petasites hybridus (Asteraceae)

Anwendung:
Krampfzustände mit Schmerzen, insbesondere Krämpfe im Magen-Darm-Bereich
Risiken:
Leberschäden durch Pyrrolizidinalkaloide

Zubereitungen aus Pestwurzwurzelstock hingegen wurden positiv monographiert. Sie finden u. a. erfolgreich Einsatz zur unterstützenden Behandlung akuter, krampfartiger Schmerzen im Bereich der ableitenden Harnwege, besonders bei Steinleiden. Die Behandlungsdauer darf allerdings 4 bis 6 Wochen nicht überschreiten. Mit Hilfe moderner Extraktionsverfahren (mit überkritischem Kohlendioxid) können heute nahezu pyrrolizidinfreie Extrakte gewonnen werden.

Weinraute - Ruta graveolens (Rutaceae)

Anwendung:
u. a. Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Menstruationsstörungen, Fieber, Augenschwäche; Äußerlich bei Verstauchungen
Risiken:
Kontaktdermatitis (insbesondere bei Sonneneinstrahlung), Schlafstörungen; bei versehentlicher Überdosierung Leber- und Nierenschäden

 

Aus diesen Beispielen ist ersichtlich, dass einer fachlich fundierten Beratung große Bedeutung zukommt. Es gibt heute eine große Zahl an risikofreien Arzneipflanzen mit eindeutig belegter Wirksamkeit. Warum also sollten Sie ein Risiko eingehen? Die in so manchem „Kräuterbüchlein“ geäußerten Vorstellungen sind häufig mehr als fragwürdig...

Medizinisch abgesicherte Informationen zum sinnvollen Einsatz von Heilpflanzen, so auch die Ergebnisse der Kommission E, stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Nutzen Sie den Rat - in Ihrer Apotheke!