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Skript online

Mikrobiologie und Immunologie, Teil Transfusionsmedizin
Praktikum und Vorlesung (2. klinisches Semester Medizin)
Dr. med. W. A. Flegel
Abteilung Blutgruppenserologie und Immunhämatologie
DRK-Blutspendezentrale Ulm

Index
Blutgruppenserologie
Blutgruppenantigene
AB0-Blutgruppensystem
Rhesus-Blutgruppensystem
Blutgruppenantikörper
Nachweis und Identifizierung von Allo-Antikörpern
Nachweis von Antikörpern auf Erythrozyten mit dem direkten Coombstest
Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) mit indirektem Coombstest
Serologische Techniken zum Nachweis von Allo-Antikörpern

Immunhämatologie
Differentialdiagnosen des positiven direkten Coombstest
Morbus haemolyticus neonatorum (MHN)

Transfusionstherapie
Blutkomponenten
Blutgruppenkompatibilität
Vorbereitung einer Transfusion
Infektionsrisiko
Maßnahmen bei einer Transfusionsreaktion
Abklärung einer Transfusionsreaktion                                                  Ihre Praktikumsübungen


Blutgruppenserologie

Im Jahr 1900 konnte durch die Anwendung der Agglutinationstechnik das AB0-Blutgruppensystem beschreiben werden. Erst 40 Jahre später wurde unter anderem durch Einführung der Coombstechnik das Antigen D als erstes Antigen des Rhesus-Blutgruppensystems gefunden. In den 40er und 50er Jahren konnten so alle weiteren, wesentlichen Blutgruppensysteme (Kell, Duffy, Kidd, MNSs, Lewis, P, Lutheran usw.) charakterisiert werden.

Blutgruppenantigene

Antigene sind lösliche oder partikulär gebundene Stoffe, die im Organismus eine Immunantwort hervorrufen. Sie werden serologisch durch spezifische Antikörper definiert. Blutgruppenantigene sind konstitutionelle oder (selten) adsorbierte Bestandteile (Proteine oder Oligosaccharide) der Erythrozytenober-fläche mit antigener Wirkung. Blut-gruppenantigene lassen sich in zwei Klassen einteilen, je nach dem ob sie durch Kohlenhydrate oder Proteine determiniert werden.
 

Strukturdeterminanten von Blutgruppenantigenen
Kohlenhydrate
Proteine
Blutgruppe Antigene Blutgruppe Antigene
AB0 A, B, H Rhesus C, c, D, E, e
Lewis Le(a), Le(b) Kell K, k
P P1 Duffy Fy(a), Fy(b)
Kidd Jk(a), Jk(b)
Glykophorine M, N, S, s
Lutheran Lu(a), Lu(b)
Die Kohlenhydrat-determinierten Anti-gene sind für den Strukturerhalt der Erythrozyten entbehrlich. Sie finden sich häufig auch auf anderen Körperzellen und in Sekreten. Die Oligosaccharide sind sowohl an Proteine (über Serin oder Threonin) als auch an Lipide der Erythrozytenmembran kovalent gebunden. Mehrere der Protein-determinierten Antigene kommen nur auf Erythrozyten vor (z. B. Rhesus und Kell) und sind oft notwendig für den Strukturerhalt des Erythrozyten. Patienten mit sehr seltenen Mangelvarianten (z. B. „Rhesus-Null“) haben deswegen eine kompensierte Anämie.

AB0-Blutgruppensystem

Endständige Zucker bilden die AB0-BlutgruppenantigeneDie Erythrozyten jedes Menschen besitzen eine sogenannte Kohlenhydrat- Grundsubstanz, die aus wenigen untereinander ähnlichen, zum Teil verzweigten Oligosaccharid- ketten mit jeweils endständiger beta-Galactose bestehen. H-, A- und B-Substanz unterscheiden sich chemisch nur durch terminale Zucker. Durch kovalente Bindung einer Fucose an die Galactose der Grundsubstanz entsteht H-Substanz, die bei fast allen Menschen vorhanden ist. Durch kovalente Bindung von N-acetyl-Galactosamin oder einer weiteren Galactose an die H-Substanz entsteht A- bzw. B-Substanz. Deshalb benötigt die Synthese von A- und B-Substanz H-Substanz als Ausgangsmaterial. Wenn die H-Substanz fehlt (extrem seltene Bombay-Blutgruppe; 0h = Genotyp hh) kann weder A- noch B-Substanz gebildet werden .

Gene können nicht direkt für Kohlenhydrate kodieren, sondern nur für Proteine. Das Genprodukt der H- bzw. AB0-Gene sind Glycosyltransferasen (Enzyme). Die H-Transferase ist z. B. eine Fucosyltransferase; sie synthetisiert die kovalente Bindung der Fucose an die Galactose der Grundsubstanz. Entsprechend synthetisiert die A-Transferase die Bindung von N-acetyl-Galactosamin und die B-Transferase die Bindung von Galactose an die H-Substanz.

Vererbungsgang der Allele im AB0-GenDie Vererbung der ABH-Antigene wird durch zwei Genloci bestimmt, den H-Locus mit den Allelen H und h sowie den AB0-Locus mit den Allelen A, B und 0. Das H-Allel ist dominant über das h-Allel und die A- bzw. B-Allele sind kodominant über das 0-Allel. Die Glycosyl- transferasen bestehen aus ca. 350 Aminosäuren. Die A- und B-Allele unterscheiden sich nur durch den Austausch von vier Aminosäuren. Das häufigste 0-Allel entspricht weitgehend dem A-Allel, weist jedoch die Deletion einer einzelnen Nukleinsäure auf. Dieser „Frameshift“ führt zu einem kurzen, nicht funktionellen Protein. Ein weiteres, selteneres 0-Allel weist demgegenüber nur drei Aminosäureaustausche auf, die offensichtlich ausreichen, um die Funktion als N-acetyl-Galactosamin-Transferase aufzuheben. An dem Beispiel in der Abbildung wird gezeigt, wie Phänotyp und Genotyp bei Eltern und Kind zusammenhängen können.

Rhesus-Blutgruppensystem

Das Rhesussystem umfaßt die Antigene C, c, D, E und e. Diese Antigene werden determiniert durch zwei eng beieinander liegende Genloci, die praktisch immer zusammen vererbt werden (daher: „Rhesus-Haplotyp“). Der eine Genlocus kodiert für das Rhesus-D-Protein, der andere für ein Protein, das die Antigene C/c und E/e determiniert. Die Gene RHD und RHCE sind homolog (> 80% Identität der Aminosäuren). Die verschiedenen Allele des RHCE-Gens unterscheiden sich lediglich durch fünf Aminosäuren. Dem gegenüber existiert kein „d-Allel“; wenn das RHD-Allel nicht vorliegt, ist dieser Genort „leer“, das RHD-Gen also vollständig deletiert. Das folgende Beispiel zeigt die Zusammenhänge zwischen Phänotyp, Haplotyp (= Genotyp mit zwei gekoppelten Genloci) und Genloci sowie deren Vererbung.Vererbungsgang der Allele beider Rhesusgene RHD und RHCE als Haplotyp
 
 
 


Blutgruppen-Antikörper

Allo-Antikörper werden in der Blutgruppenserologie nach verschiedenen Kriterien eingeteilt, daher einige Grundlagen und Begriffe:
 

1. 
 
 
 
Allo-Antikörper sind vom IgG- oder IgM-, selten vom IgA-Typ. Mit der wesentlichen Ausnahme des AB0-Systems treten Allo-Antikörper vom IgM-Typ nur vorübergehend während der Primärantwort auf; lebenslang nachweisbare Allo-Antikörper sind vom IgG-Typ. Die Immunglobulinklasse hat Einfluß auf die biologische Wirksamkeit, z. B. ist nur IgG plazentagängig, IgM jedoch nicht.
2.1 
 
 
 
Reguläre Allo-Antikörper (= Isoagglutinine, IgM-Typ) treten nur beim AB0-Blutgruppen-System als Anti-A und/oder Anti-B auf. Sie sind komplementär zur Blutgruppe (0 hat Anti-A und -B; A hat Anti-B; B hat Anti-A; AB hat keine) und kommen so verläßlich vor, daß man sie zur Bestätigung der Blutgruppe heranzieht.
2.2 
 
Irreguläre Allo-Antikörper sind gegen Antigene der verschiedenen Blutgruppensysteme gerichtet und, außer bei einer primären Immunisierung, in der Regel vom IgG-Typ.
3. Für die biologische Wirksamkeit ist wesentlich, ob ein Allo-Antikörper Komplement aktiviert oder nicht. IgM (Anti-A, -B) aktiviert besonders effektiv Komplement, IgG (z. B. Anti-D) ist in der Regel wenig komplementaktivierend.
4. 
 
 
 
Entsprechend dem Reaktionsmuster in vitro unterscheidet man komplette und inkomplette Allo-Antikörper. Komplette Allo-Antikörper (IgM, z. B. Anti-A und -B) agglutinieren Erythrozyten in der NaCl-Technik. Die inkompletten Allo-Antikörper (IgG, z. B. Rhesus-Allo-Antikörper) reagieren inkomplett, d. h. zum Nachweis werden „Verstärkertechniken“ benötigt.
Allo-Antikörper können auf verschiedene Weise wirken. Die Bindung eines Allo-Antikörpers auf der Erythrozytenmembran verursacht allein keine Lyse des Erythrozyten. Die Bindung führt jedoch zu einer Konformationsänderung der Fc-Domäne, wodurch unspezifische Effektormechanismen ausgelöst werden (Komplementaktivierung und intravasale Hämolyse; zellvermittelte Hämolyse; Phagozytose, insbesondere in der Milz). Eine schnelle, intravasale komplementvermittelte Hämolyse ist klinisch gefährlicher als eine langsame, extravasale Phagozytose von Erythrozyten.

Allo-Antikörper

Zum Nachweis von Allo-Antikörpern („Antikörpersuchtest“) verwendet man Suspensionen von 2 oder 3 Erythrozyten, deren Antigene bekannt sind. Zur Identifizierung eines Allo-Antikörpers (Ermittlung der Spezifität des Allo-Antikörpers) bestimmt man die Reaktivität des Patientenserums in mehreren Techniken mit verschiedenen (8 - 13) Erythrozyten, deren Antigenmuster bekannt ist. Am Reaktionsverhalten des Allo-Antikörpers in den verschiedenen serologischen Techniken bzw. mit den bekannten Erythrozyten kann man die Antigenspezifität identifizieren.
 

Serologische Techniken zum Nachweis von Allo-Antikörpern

Allo-Antikörper werden in der Regel durch Agglutination nachgewiesen, selten auch durch (in vitro) Hämolyse. Die in vitro-Tests werden üblicherweise in Röhrchen durchgeführt. Etwa seit 1990 sind mehrere neue Techniken verfügbar, die die Agglutination sensitiver und besser reproduzierbar nachweisen (sogenannte Gelzentrifugationstests und Festphasentests) und bald zum Standard werden könnten. Sicher bleibt der Röhrchentest bei der Antikörperdifferenzierung als Alternativmethode erhalten. Im folgenden ist das Testprinzip in den drei Stufen (drei Techniken) eines typischen Ansatzes in "Röhrchen-Technik" beschrieben:
 

1. Stufe 
NaCl-Technik
1 Tropfen einer 3%igen Erythrozytensuspension (Spendererythrozyten) werden mit 2 Tropfen Patientenserum versetzt, inkubiert, zentrifugiert und vorsichtig aufgeschüttelt. Eine mögliche Agglutination (Verklum-pung von Erythrozyten zu Aggregaten) wird protokolliert. Diese Technik ist wenig sensitiv für IgG-Antikörper und weist überwiegend IgM-Antikörper nach. Einige der wichtigsten Allo-Antikörper sind in dieser Technik nicht nachweisbar.
2. Stufe 
LISS-Technik 
(Verstärkertechnik I)
Es gibt viele verschiedene Verstärkertechniken: LISS, Albumin, Enzym und Coombsserum sowie Kombinationen dieser Methoden. In der 2. Stufe wird ein „LISS“-Ansatz durchgeführt. Dazu wird der Ansatz aus der 1. Stufe mit 2 Tropfen „LISS“-Medium versetzt, inkubiert, zentrifugiert und aufgeschüttelt. Prinzip: Antigen-Antikörper-Reaktionen werden in Lösungen mit niedriger Ionenstärke (LISS = Low Ionic Strength Solution) erheblich beschleunigt. Im Vergleich zum NaCl-Test erfolgt die Antikörper-Bindung innerhalb kürzerer Zeit und manche klinisch relevanten Allo-Antikörper vom IgG-Typ können nachgewiesen werden, die im NaCl-Test keine Agglutination verursachen.
3. Stufe 
Antiglobulintechnik = indirekter Coombstest (Verstärkertechnik II)
Der indirekte Coombstest ist in Kombination mit LISS oder Albumin die Verstärkertechnik, die die höchste Sensitivität für Allo-Antikörper aufweist. Deshalb ist dieser Test für die Kreuzprobe vorgeschrieben. Der Ansatz aus der 2. Stufe wird dreimal gewaschen. Dabei bleiben spezifische Allo-Antikörper an den Erythrozyten gebunden, freies Immunglobulin wird aber entfernt. Anschließend wird Coombsserum zugegeben. Der Ansatz wird zentrifugiert und aufgeschüttelt. Das Coombsserum vernetzt die an Erythrozyten gebundenen Allo-Antikörper untereinander und bewirkt dadurch eine Agglutination. Waren keine Antikörper an die Erythrozyten gebunden, bleibt die Reaktion negativ.
 

Verträglichkeitprobe ("Kreuzprobe") mit dem indirektem Coombstest

Zusätzlich zum Antikörpersuchtest ist vor jeder Transfusion eine sogenannte Verträglichkeitsprobe vorgeschrieben. Die Techniken sind vergleichbar mit denen im Antikörpersuchtest und -Identifizierung, jedoch wird die (in vitro) serologische Verträglichkeit zwischen Spender-Erythrozyten und Patienten-Serum bestimmt. Vorgeschrieben ist in Deutschland die Durchführung der Kreuzprobe im indirekten Coombstest. Oft wird ein Drei-Stufen-Test durchgeführt.

Auto-Antikörper

Auto-Antikörper reagieren immer mit den patienteneigenen und praktisch allen fremden (Spender-)Erythrozyten. Ihre Zielantigene sind bestimmte hochfrequente Blutgruppenantigene. Man unterscheidet Kälte- und Wärme-Auto-Antikörper. Die Kälte-Auto-Antikörper haben ihr Reaktionsoptimum bei 4°C und sind häufig ohne klinische Relevanz. Wärme-Auto-Antikörper haben ihr Reaktionsoptimum bei Körpertemperatur und binden deswegen im Körper des Patienten an die patienteneigenen Erythrozyten.


Nachweis von Antikörpern auf Erythrozyten mit dem direkten Coombstest

Wenn Auto-Antikörper gebildet wurden, sind die Erythrozyten des Patienten mit Immunglobulin (IgG oder IgM, selten IgA) beladen. Bei Vortransfusionen und Neugeborenen können die Erythrozyten auch mit Allo-Antikörpern beladen sein. Mit einem Antiglobulin kann man diese in vivo-Beladung mit Immunglobulin und/oder Komplementfaktoren nachweisen. Dieser sogenannte direkte Coombstest ist wichtig bei Verdacht auf autoimmunhämolytische Anämien oder Morbus haemolyticus neonatorum, die zu den Differentialdiagnosen des positiven direkten Coombstests gehören.
 

Fragen und Antworten: 1 2 3 6 10 14     Multiple Choice: 1 7 9 10
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Immunhämatologie

In den Bereich der Immunhämatologie gehören die klinischen Krankheitsbilder des blutbildenden Systems, die durch Antikörper gegen hämatopoetische Zellen verursacht werden. Als charakteristischen Laborparameter findet man bei immunhämatologischen Er-krankungen häufig einen positiven direkten Coombstest, dessen Differentialdiagnosen in der Tabelle angegeben sind. Als Ursache kommen oft Auto-Antikörper vor. Allo-Antikörper können nur dann einen positiven direkten Coombstest verursachen, wenn allogene Erythrozyten (bei Transfusionen) oder allogenes Plasma (bei Föten und Neugeborenen) übertragen wurde.

    Differentialdiagnosen
    des positiven direkten Coombstests
     
  
 bei negativer Transfusionsanamnese: 
  • Autoimmunhämolytische Anämien
  • Lymphome (selten andere Malignome)
  • Medikamente
  • Infektionen (bei Kälte-Auto-Antikörpern)
  • idiopathisch (unter Umständen langjährig bestehend, ohne klinische Relevanz)
 nach Transfusionen: 
  • verzögerte Transfusionsreaktionen
  • serologisch inkompatible Transfusionen
 bei Fötalblut und Neugeborenen: 
  • Morbus haemolyticus neonatorum (MHN)
 

Morbus haemolyticus neonatorum (MHN)

Ein MHN entsteht durch die diaplazentare Übertragung eines mütterlichen IgG-Allo-Antikörpers auf das Kind, welches das korrespondierende Antigen vom Vater geerbt hat. Grundsätzlich kann jeder Allo-Antikörper einen MHN erzeugen - vorausgesetzt er ist vom IgG-Typ (plazentagängig) und das Antigen wird beim Fötus und Neugeborenen exprimiert, was nicht bei allen Blutgruppen-Antigenen der Fall ist.

Die meisten der schweren MHN werden durch ein Anti-D verursacht. Oft findet die primäre Immunisierung der Mutter bei der ersten Geburt statt, da nur bei der Plazentaablösung für eine primäre Immunisierung wirksame Mengen kindlicher Erythrozyten in den mütterlichen Kreislauf gelangen. Werden diese fötalen Erythrozyten durch passive Immunisierung mit einem Anti-D Präparat sofort aus dem mütterlichen Kreislauf entfernt, kann eine primäre Immunisierung vermieden werden (Anti-D Prophylaxe: 28. - 30. Schwangerschaftswoche und innerhalb 72 Stunden nach Geburt eines Rh-positiven Kindes). Ist die Rhesus-negative Mutter bereits sensibilisiert (Nachweis eines Allo-Antikörpers Anti-D), ist eine Prophylaxe nicht mehr möglich. Bei weiteren Schwangerschaften kommt es dann frühzeitig zu einer Boosterung (sekundäre Immunantwort), für die kleinste Mengen fötomaternal übertragenen Blutes ausreichen.

Serologische Untersuchungen (Titeranstieg des Allo-Antikörpers) können Anhalt für die Gefährdung des Kindes geben. Ausschlaggebend für die Therapie ist jedoch die Bestimmung des Bilirubins im Fruchtwasser (Amniozentese) bzw. im Serum des Neugeborenen. Therapeutisch kommen intrauterine Transfusionen sowie nach Geburt Fototherapie und Blutaustausch in Betracht. Der direkte Coombstest ist sowohl in Fötalblut als auch beim Neugeborenen meistens positiv. Ein Sonderfall stellt die AB0-Erythroblastose dar. Sie tritt nur auf, wenn die Mutter ausnahmsweise Isoagglutinin vom IgG-Typ (zusätzlich zu IgM) entwickelt. Bei der AB0-Erythroblastose ist der direkte Coombstest oft negativ.
 

Fragen und Antworten: 4 5 11     Multiple Choice: 3
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Transfusionstherapie

Transfusionen von Blutkomponenten sind eine ärztliche Aufgabe. Die Indikation zur Transfusion ist stets streng zu stellen. Eine Transfusion sollte gezielt die Blutbestandteile substituieren, die ihre minimal tolerable Grenze unter-schritten haben. Für die Wahl der erforderlichen Blutkomponenten und deren besondere Aufbereitungsformen sind Indikationen definiert, die sich an den klinischen Erfordernissen orientieren. Um eine Transfusion verantwortungsvoll durchführen zu können, müssen Ihnen die vorbereitenden Kontrollen insbesondere der Bedside-Test vertraut sein. Jede Transfusion muß überwacht werden, um Transfusionsreaktionen anhand der klinischen Beschwerden und Zeichen so früh wie möglich zu erfassen. Die "transfundierende ärztliche Person“ muß mit der Akutversorgung einer schweren Transfusionsreaktion vertraut sein. Jede Transfusion muß in den Patientenunterlagen genau dokumentiert werden.
 

Blutkomponenten 
 
Standard Andere
Erythrozyten buffy coat-frei  gefiltert (leuko/thrombozytenarm)  
gewaschen (sehr selten indiziert)
Thrombozyten Konzentrat gefiltert (leukozytenarm) 
HLA-kompatibel
Plasma Quarantäne-gelagert Virus-inaktiviert 
Sonderindikationen keine anti-CMV negativ 
bestrahlt

Blutgruppenkompatibilität

Transfusionschema verschiedener Blutkomponenten

Es sollte immer identisch für die AB0-Blutgruppe und die Rhesus D-Blutgruppe transfundiert werden. Bei der Blutkomponententherapie kann allerdings in Ausnahmefällen auch aus logistischen Gründen von dieser Regel abgewichen werden wie in der Abbildung dargestellt. Thrombozyten-Präparate werden im allgemeinen entsprechend dem Schema wie Erythrozyten transfundiert. Nur im Notfall dürfen Rhesus D-positive zelluläre Blutpräparate (Erythrozyten und Thrombozyten) auf Rhesus D-negative Empfänger transfundiert werden; in diesen Situtationen sollte eine Anti-D-Prophylaxe in Absprache mit der Transfusionsmedizin erwogen werden.

Vorbereitung einer Transfusion

Die vorbereitenden Maßnahmen einer Transfusion sind eine nicht deligierbare ärztliche Aufgabe und müssen streng eingehalten werden. Sie dienen vornehmlich der Identitätssicherung, um Verwechslungen zu vermeiden. Tödlich verlaufende AB0-inkompatible Verwechslungen sind nach wie vor häufiger als HIV-Infektionen. Die vorbereitenden Maßnahmen umfassen vorbereitende Kontrol-len, die durchgeführt werden, bevor man zum Patienten geht, und den Bedside-Test, der am Krankenbett durchgeführt werden muß.
 
 

  
Vorbereitende Kontrollen 

 bevor man zum Patienten geht:  

  •  Korrekte Zuordnung von Blutpräparaten und „Kreuzprobenbegleitschein“ zum Patienten (Name, Vorname und Geburtsdatum):
  • Übereinstimmung: a) Blutgruppe der Blutpräparate (Etikett) mit b) Blutgruppenbefund des Patienten
  • Übereinstimmung:  a) Nummern der Blutpräparate mit b) Angaben auf dem „Kreuzprobenbegleitschein“
  • Gültigkeit der Kreuzprobe (72 h)
  • Unversehrtheit der Blutpräparate
  • korrektes Transfusionsbesteck 
 anschließend am Krankenbett: 
  • Durchführung des „Bedside-Test“ (nächste Tabelle) durch den transfundierenden Arzt oder unter seiner direkten Aufsicht
 
 
AB0-Identitätsbestimmung („Bedside-Test“)

 am Krankenbett (nicht im Stationszimmer!): 

  • Unmittelbar vor einer Transfusion(-serie) muß der „Bedside-Test“ vom transfundierenden Arzt oder unter seiner direkten Aufsicht durchgeführt werden.
  • Anhand des „Bedside-Tests“ und der Beschriftung des Erythrozytenpräparats muß die AB0-Kompatibilität gesichert werden (siehe Abbildung: Blutgruppenkompatibilität).
  • Beim „Bedside-Test“ muß die AB0-Blutgruppe des Empfängers mit anti A- und anti B-Antikörpern bestimmt werden. Eine Bestimmung des Rhesusfaktors D ist nicht vorgeschrieben
 abweichende Regelung bei Eigenblut: 
  • Nur bei Eigenblut muß immer die AB0-Identitätsbestimmung („Bedside-Test“) des Empfängers und aller erythrozytären Eigenblutpräparate („Inhaltskontrolle“) durchgeführt werden (zum Ausschluß von Vertauschungen, da bei Eigenblut in der Regel keine Kreuzprobe erfolgt).

Infektionsrisiko

Alle Blutspenden werden auf HBs-Antigen, Antikörper gegen HCV, HIV1/2 und Lues, sowie auf GPT-Erhöhung untersucht. Die eingesetzten Testsysteme mit weiter verbesserter Sensitivität haben die Infektionsrisiken durch Blutpräparate auf ein Minimum reduziert. Die Frequenz einer transfusionsbedingten HIV-Infektion in Deutschland liegt bei 1:1.000.000 (Bereich: 1:500.000 - 1:3.000.000) pro Erythrozyten-Präparat und noch niedriger bei Plasmapräparaten.

Transfusionsreaktionen

Nach der Transfusion muß jedes Blutpräparat (Erythrozyten, Thrombozyten, Plasma) möglichst steril (!) mindestens 24 h im Kühlschrank aufbewahrt werden. Ein wesentliches Ziel der Abklärung von Transfusionsreaktionen ist die Differenzierung zwischen immunologisch und nicht immunologisch vermittelten Ursachen. Heute sind erythrozytär vermittelte Ursachen selten geworden. Wenn ein serologischer Befund erhoben wird, hat dies aber regelmäßig Konsequenzen für die weitere Transfusionstherapie.
 

immunologisch vemittelte Ursache
indizierte Maßnahme
antileukozytäre (HLA-) und antithrombozytäre Antikörper leukozyten- und thrombozytenarmes Erythroyztenkonzentrat; eventuell prophylaktisch Antipyretika; HLA-kompatible Thrombozyten oder (in etwa 10%) Thrombozyten-Antigen- kompatible Thrombozyten
Allo-Antikörper gegen Erythrozyten kompatible Erythrozyten
Kälte-Auto-Antikörper Kälteexposition des Patienten vermeiden, langsame Tropftransfusion oder Erwärmen, nicht über 37°C, mit zugelassenen Bluterwärmungsgeräten
Wärme-Auto-Antikörper strenge Transfusionsindikation, gegebenenfalls  
 Kortisontherapie
medikamentenvermittelte antierythrozytäre Antikörper Medikamentenkarenz; häufig Transfusion vermeidbar
Graft-versus-Host-Reaktion prophylaktische Bestrahlung der Präparate
Antikörper gegen IgA gewaschene Erythrozytenkonzentrate; IgA-Mangelplasma
 

Nicht immunologisch bedingte Transfusionsreaktionen können in der Regel in der Klinik diagnostiziert und durch klinische Maßnahmen vermieden werden. Zu den nicht immunologisch vermittelten Reaktionen gehören: Kalium- und Citrat-Intoxikation, Azidose, Volumenüberlastung und mechanische Schäden (Herzlungenmaschine, maschinelle Autotransfusion).

Maßnahmen bei einer Transfusionsreaktion

Bei jedem Verdacht auf eine Transfusionsreaktion ist die Transfusion sofort abzubrechen. Der venöse Zugang muß mit kristallo-ider Lösung (NaCl 0.9%) offen gehalten werden. Untersuchungen zur Klärung der Ursache müssen eingeleitet werden. Bei schweren Transfusionsreaktionen stehen die Kontrolle der vitalen Funktionen und die Schocktherapie im Vordergrund.

 Untersuchungen einleiten: 
  • Blutdepot und Transfusionsmediziner verständigen
  • alle Blutpräparate und Bestecke (steril!) asservieren
  • EDTA- und Vollblut sicherstellen
 Schocktherapie bei schwerer Transfusionsreaktion: 
  • Volumensubstitution
  • Kortikosteroide (1 g Prednisolon)
  • Alkalisierung
  • Osmodiuretika (Mannit 20%)
  • Sauerstoffzufuhr 
  • Verbesserung der Nierendurchblutung (Dopamin)
  • bei anhaltender Anurie: Hämodialyse

Abklärung einer Transfusionsreaktion

Bei Verdacht auf eine hämolytische Reaktion kann innerhalb von Minuten geklärt werden, ob eine ausgeprägte intravasale Hämolyse vorliegt, in dem das Blut zentrifugiert und das Plasma mit bloßem Auge inspiziert wird. Freies Hämoglobin in einer Konzentration von 0,02 g/dl ist bereits erkennbar, was einer hämolysierten Blutmenge von etwa 3 ml entspricht, und 0,1 g/dl färbt das Plasma deutlich sichtbar rot. Bestimmte Laboruntersuchungen sind zur Abklärung und Verlaufskontrolle wichtig.
 
 

 
 Laboruntersuchungen zur Abklärung und Verlaufskontrolle 

 serologische Untersuchungen: 

  • direkter Coombstest, Antikörpersuchtest, Bestätigung der Blutgruppe
  • Wiederholung der Kreuzprobe
 klinisch-chemische Untersuchungen: 
  • LDH erhöht
  • Bilirubin (indirekt, unkonjugiert, wasserunlöslich) erhöht
  • Hämatokrit (ungenügender Anstieg unter Transfusion, Abfall trotz Transfusion)
  • freies Hämoglobin im Urin (DD: Erythrozyten im Urinsediment)
  • freies Hämoglobin im Plasma
  • Haptoglobin erniedrigt
 selten notwendig: 
  • Blutkulturen (bei Verdacht auf Sepsis)
  • IgA-Plasmaspiegel (bei Verdacht auf sehr seltene Antikörper gegen IgA)
 Verlaufskontrolle bei Verdacht auf hämolytische oder septische Reaktion: 
  • Gerinnungsstatus, einschließlich Thrombozyten und Fibrinspaltprodukte
  • Kreatinin, Urinmenge, Elektrolyte
 
 
 
Fragen und Antworten: 7 8 9 12 13     Multiple Choice: 2 4 5 6 8
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Übungen zur Blutgruppenserologie
 

Im Praktikum werden Sie vier Übungen zur Blutgruppenserologie durchführen. 
Diese Übungen umfassen: 
 

  • Die Bestimmung der AB0-Blutgruppe, die ähnlich einem Bedsite-Test durchgeführt wird.
  • Die Bestimmung der Rhesus D-Blutgruppe mit monoklonalen Antikörpern.
  • Die Durchführung eines direkten Coombstests.
  • Die Durchführung einer Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) mit indirektem Coombstest. 
Die Anleitungen zu diesen Übungen sind im "Skript Online" nicht dargestellt. 

Lesen Sie bitte die Übungen im Skript nach, das Sie jeweils zu Semesterbeginn erhalten, und machen Sie sich bitte mit den vier Übungen vertraut, bevor Sie zu Ihrem Praktikumstag erscheinen. 
 
 
 

 
 zuletzt geändert 17 März 1998 zur Titelseite