Inverted Classroom in der Biochemie
Kurze Zusammenfassung
Grundprinzip der Inverted Classroom Methode ist das Voranschalten einer Selbstlernphase, in welcher sich die Studierenden das biochemische Basis-Faktenwissen autodidaktisch aneigneten. Im hier beschriebenen Biochemieseminar wurden für die Studierenden eigene, der Veranstaltung angepasste Lehrvideos konzipiert und produziert. Dadurch werden in der Präsenzlehre Freiräume geschaffen, die eine Vertiefung des erlernten Stoffes wie auch das Einüben von Kompetenzen erlaubt. Für die Selbstlernphase hat Frau Dr. Kühl neben den Lehrfilmen zudem zusätzliche Arbeitsmaterialien erstellt, um den Studierenden einerseits einen Leitfaden für die Aneignung des Stoffes zu geben und andererseits das erlernte Wissen zu überprüfen.
Darüber hinaus wurde die Präsenzlehre aufgewertet, so dass die Studierenden im Vergleich zum traditionellen Lehrkonzept ein höheres Lernniveau erreichen. Didaktische Elemente wie interaktive Vorträge durch die Dozierenden, angeleitete Gruppenarbeiten sowie Simulationen mit anschließendem Feedback wurden abwechslungsreich eingesetzt. In der ersten Präsenzphase wurde der Fokus auf die Kommunikation in mündlichen Prüfungen gelegt, um biochemische Grundlagen in Prüfungssimulationen formativ abzufragen und die Studierenden so auf anstehende Prüfungen vorzubereiten. In der Gruppenarbeitsphase waren die Studierenden gefordert, sich selbstständig zu organisieren, um die anschließenden Simulationen vorzubereiten. In der zweiten Präsenzphase wurden die Gruppenarbeiten durch sechs verschiedene, realitätsgetreue klinisch-wissenschaftliche Szenarien eingeleitet, so dass die Studierenden einen direkten Bezug zu Ihrem späteren Berufsleben knüpfen konnten und so die Relevanz der biochemischen Inhalte direkt ersichtlich wurde. In den Simulationen von Arzt/Arzt- sowie Arzt/Patienten-Gesprächen mussten die Studierenden den biochemischen Hintergrund einer Erkrankung einerseits mit einem Experten besprechen, andererseits einem Laien verständlich erläutern.
Welche Tools & Software wurde für das Projekt genutzt?
Die Filme wurden mit den Programmen Illustrator (Adobe), Keynote (Apple), Quicktime (Apple) und Camtasia:mac (TechSmith) erstellt und den Studierenden auf der Plattform Moodle zur Verfügung gestellt.
Zusätzlich wurden von Frau Dr. Kühl eigene Materialien für Selbstlernphase erstellt, die sowohl einen Lernleitfaden als auch Wissenstest enthielten.
Zeitlicher Aufwand
zur Vorbereitung/Entwicklung
Der größte zeitliche Aufwand wird für das Erstellen des Lehrvideos und weiteren Arbeitsmaterialien für die Selbstlernphase benötigt. Als optimaler Workflow zur Erstellung von Lehrfilmen hat sich folgendes Vorgehen als geeignet erwiesen: 1. Erstellung einer Rohversion des Sprachtexts in Word; 2. Erstellung von Adobe Illustrator Abbildungen mit anschließender Einspeisung in eine Keynote Präsentation; 3. Basierend darauf Erstellung eines Drehbuchs mit genauen Anweisungen für die Filmerstellung; 4. Fachliche Begutachtung des Drehbuchs und der Keynote Präsentation durch mehrere unabhängige Experten; 5. Überarbeitung; 6. Aufnahmen der Sprachspur in Quicktime; 7. Erstellung des Films in Camtasia mit Drehbuch, Sprachspur und der Illustrationen.
Ebenso aufwendig ist die Planung, das Erstellen und Formatieren der anderen Lernmaterialien. Falls sich die Inhalte nicht verändern, können diese Materialien allerdings für folgende Semester genutzt werden, dadurch reduziert sich der Aufwand für die Folgejahre.
Des Weiteren müssen die Experimente und Simulationen für die Präsenslehre didaktisch geplant und vorbereitet werden. Bei Simulationen und Rollenspielen bietet sich auch ein Testlauf für das jeweiligen Übungen an, um Zeitaufwand während der Präsenz zu überprüfen und mögliche Schwierigkeiten im Vorfeld erkennen zu können.
zur Durchführung
Bei der Druchführung wird die angegebene Präsenzzeit als Zeitraum genuzt. Hier verändert sich der zeitliche Aufwand nicht.
Herausforderungen
Die größten Herausforderungen sind das Erstellen der Lehrvideos. Besondere aufwendig sind die Aufarbeitung der Tonaufnahme sowie das Einfügen der Illustrationen und der Schnitt in Camtasia. Einerseits müssen die anderen Materialien für die Selbstlernphase, andererseits die Inhalte der Präsenszeiten neu definiert und erstellt werden. Dabei muss darauf geachtet werden, welche Komptenzen und Lehrinhalte in der Präsens vertieft werden sollen und wie dies gut umgesetzt werden kann. Das erfordert ein Loslösen von traditionellen Vorstellungen der Präsenzlehre.
Dennoch lassen sich diese Herausfoderungen mit Hilfe von Planung und guter Vorbereitung gut meistern. Die Lehrvideos und Lehrmaterialien können in der vorlesungsfreien Zeit bereits vollständig erarbeitet und vorbereitet werden, sodass während des Semesters nur noch das Freischalten der notwendigen Materialien erfolgt. Auch die Inhalte zu den Präsenzzeiten können für das ganze Semester im vorraus geplant und vorbereitet werden. Schwierigkeiten beim Drehen oder Bearbeiten der Videos können frühzeitig erkannt und Lösungen gefunden werden.
Vorteile der Methode
Ein großer Vorteil der Methode des Inverted Calssroom ist, dass die Studierenden nicht nur Wissensinhalte lernen, sondern auch den Transfer in arbeitsnahe Umgebungen erlernen. Neben den inhaltlichen Lernzielen verbessern die Studierenden in diesem Seminar ihre Selbstlernkompetenz, sowie soziale, wissenschaftliche und kommunikative Kompetenz. Die Erweiterung der Komptenzen auf den verschiedenen Ebenen wird auch im Plan der Bundesregierung für das Studium gefordert.
Neben der Verbesserung der oben genannten Konsequenzen hat die neue Methode einen weiteren Vorteil. Die durchschnittliche "Note" der Veranstaltung ist von 2,7 (SoSe15) auf 1,4 (SoSe18) deutlich angestiegen und die allgemeine Akzeptanz des neuen Seminaraufbaus wurde durch die Studierenden in der Evaluation sehr gut bewertet.
Informationen zum Projekt
Art der Veranstaltung: integriertes Seminar, Pflichtveranstaltung der Humanmedizin
Gruppengröße: 16 Gruppen à 20 Personen
Lernformen: Inverted Classroom, Simulationen, Lehrvideos, Rollenspiele
Link zur Projektwebseite: https://www.uni-ulm.de/med/med-biomolbio/research-groups/kuehl-lehrforschung/projekte/
Informationen zum Lehrenden
Name: PD Dr. Susanne Kühl
Fachbereich: Biochemie und molekulare Biologie
Kurs: Integriertes Seminar Modul 6 „Vom Gen zum Protein“
Rolle: Dozent
offen für Rückfragen?: ja